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Zu den rund 10 Laufkilometern Unterlagen des Staatsarchivs gehört auch eine Archivalie aus dem Jahr 1954, welche die Kinder damals mit glänzenden Augen am Kiosk ihres Vertrauens für 80 Rappen kaufen konnten. Bei besagtem Heftchen handelte es sich aus damaliger Optik allerdings um ein beschlagnahmtes Exemplar aus der Gattung der sogenannten «Schmutz- und Schundliteratur». Im Grossen Rat hatten 1954 nämlich einige Kantonsräte den Kampf mit Micky, Tarzan und den Protagonisten aus diversen Groschenromanen aufgenommen: «Crash!» «Boom!» «Bang!»

Offensichtlich waren noch nicht alle Mitglieder des Parlaments mit allen anzutreffenden Spielarten von «Schmutz und Schund» vertraut. Bei den «sogenannten Comics und Strips» handle es sich – so Kantonsrat Edwin Koller in seiner Rede – «um Bilderstreifen, die alles Mögliche behandeln (Erotisches und Nichterotisches), was die Leser reizen könnte.» Von Amerika her würden die europäischen Staaten mit diesen Bildergeschichten förmlich überflutet: «Anstelle des Wortes tritt ein Bild, anstelle des Satzes ein Wortfetzen. […] Nicht nur bewirken sie eine sittliche Verrohung in weitem Sinne, sondern führen auch zu einer eigentlichen Sprachverwilderung.»

Hatten die Sippe aus Entenhausen, Ritter Falk oder Prinz Eisenherz tatsächlich einen negativen Einfluss auf die Jugend? Vor ein paar Wochen schrieb uns dazu ein versierter Lokalhistoriker und erfolgreicher Ausstellungsmacher aus der Generation der «Babyboomer»: «V.a. in der Primarschulzeit war der Comic meine absolut bevorzugte "Lektüre". Von älteren Lehrern als absoluter Schund abqualifiziert, sie empfahlen Globi. Mir hat's nicht geschadet, im Gegenteil, das Interesse an der Geschichte hat sich gar noch gesteigert!»  

Quellen: Staatsarchiv A 030/003 (Mustersammlung beschlagnahmter Literatur, Motion Koller)

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