
«Museum Sangallense» - Eine Sammlung, die Geschichte schreibt
Zum 200. Jubiläum des Sangallensien-Archivs haben alle Interessierten die Gelegenheit, Teil des ersten öffentlichen Transkriptionsprojekts der Kantonsbibliothek Vadiana zu werden. Alle mit einem Flair fürs Entziffern alter Schriften sind herzlich eingeladen, an der Transkription handschriftlicher Dokumente beizutragen und so an der digitalen Erschliessung historischer Quellen mitzuwirken. Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse dieses Citizen Science-Projekts eröffnen neue Möglichkeiten nicht nur für die Erforschung der Bibliotheksgeschichte, sondern auch für die Kulturgeschichte St.Gallens.
Das Projekt zielt darauf ab, verschiedene Dokumente aus der Bibliotheksgeschichte aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – die zwei Donatorenbücher sowie drei verschiedene Protokollbände – digital zu transkribieren. Bei den Donatorenbüchern handelt es sich um Schenkungsverzeichnisse, die Bücherschenkungen von Einzelpersonen oder Institutionen an die Bibliothek festhalten. Die Protokollbände dokumentieren die Arbeit und strategische Ausrichtung verschiedener Gremien der Bibliotheksführung der Zeit.
Die Transkriptionen der Dokumente sollen einen digitalen, durchsuchbaren Textkorpus schaffen, der die wissenschaftliche Erforschung der Geschichte der Kantonsbibliothek Vadiana massgeblich erleichtert, darüber hinaus jedoch auch Antworten auf übergeordnete Fragestellungen der Kulturgeschichte St.Gallens liefert. Dieser Korpus wird besonders für die Provenienzforschung wertvoll sein, da er eine systematische Analyse ermöglicht, wie und wann und über welche Netzwerke bestimmte Bestände in die Bibliothek gelangt sind.
Für die Transkription greift das Projekt auf die Plattform e-manuscripta.ch zurück, auf der Schweizer Bibliotheken und Archive ihre Handschriftenbestände digital präsentieren können. Mit dem anfangs Jahr erfolgten Update wurde ein KI-Tool implementiert, der die Transkriptionsarbeit erleichtern soll: Das Tool erstellt Rohtranskriptionen, die von den Teilnehmenden korrigiert und ergänzt werden. Die fertigen Transkriptionen werden anschliessend auf der Plattform veröffentlicht und stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Dadurch wird den Teilnehmenden eine niedrigschwellige und benutzerfreundliche Möglichkeit geboten, die handschriftlichen Dokumente der Kantonsbibliothek Vadiana St.Gallen digital zu erschliessen und so selbst einen Beitrag zur Forschung zu leisten.
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Im Jahr 1825 legte die damalige Stadtbibliothek den Grundstein für das heutige Sangallensien-Archiv, indem sie die wertvolle Sammlung «Museum Sangallense» von Georg Leonhard Hartmann erwarb. Hartmann, der über 40 Jahre lang mit enormem Aufwand die Werke seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger zusammengetragen hatte, sah darin keinen persönlichen Nutzen, sondern eine historische Notwendigkeit: Die Sammlung dokumentierte die Entwicklung und den Bildungsstand der Stadt St.Gallen und sollte als kultureller «Barometer» der Stadt dienen.
«Mehrere Städte schon sammelten sich die Schriften ihrer Mitburger eigen, u. stellten sie auf ihren Bibliotheken in besonderen Schränken auf [...]. Es ist dies auch keineswegs eine Selbstsucht, sondern zur Übersicht der Bildungsgeschichte der Stadt, od. des betreffenden Landes höchst nothwendig, und gleichsam ein Barometer, um das periodische Steigen u. Sinken der Kultur beobachten zu können.»
Georg Leonhard Hartmann an Caspar Tobias Zollikofer, St.Gallen, 8. Juli 1824, StadtASG, Tr. Q, Nr. 6h, 80b, f. 1r neues Fenster

Wegen finanzieller Schwierigkeiten war Hartmann gezwungen, seine einzigartige Sammlung zu verkaufen – jedoch nur unter der Bedingung, dass sie ungeteilt und der Nachwelt erhalten bliebe.
Lag der Fokus zunächst auf der Stadt St.Gallen, sammelt die Kantonsbibliothek Vadiana seit ihrer Gründung 1978 und der Verankerung im Bibliotheksgesetz 2013 systematisch Medienerzeugnisse mit Bezug zum ganzen Kanton St.Gallen.
Nach dem Kauf des Museum Sangallense kamen im Laufe der Jahre weitere wichtige Bestände hinzu, und jährlich wuchs der Bibliotheksbestand um mehrere hundert Bücher. Kurz nach dem Erwerb von Hartmanns Sammlung erfuhr die Bibliothek beispielsweise eine bedeutende Erweiterung: Johann Jakob Lavater aus Zürich schenkte ihr seine rund 7000 Bände umfassende Privatbibliothek, wodurch sich der Bestand der Stadtbibliothek schlagartig verdoppelte. Lavater wünschte sich jedoch, dass seine Bücher nicht separat aufgestellt, sondern in den allgemeinen Bestand integriert würden. Da nicht alle diese Bücher einen Besitzvermerk Lavaters tragen, ermöglicht erst die im Projekt erarbeitete Transkription, seine Bücher eindeutig zu identifizieren und diese Sammlung digital zusammenzuführen.
Das Projekt ist auf motivierte Mithilfe angewiesen, um die fünf Donatorenbücher und Protokollbände zu transkribieren und so eine digitale, durchsuchbare Sammlung zu schaffen. Durch diese Transkriptionen wird die Herkunft (Provenienz) der Bestände, die aktuell international ein wichtiger Forschungsschwerpunkt ist, leichter nachvollziehbar. Die gesammelten Daten werden allen Interessierten und für die Forschung zur Verfügung stehen und helfen uns, die Geschichte der Bibliothek präziser zu dokumentieren.
Mitmachen ist ganz einfach! Auf der Plattform e-manuscripta.ch neues Fenster können Sie ein Benutzungskonto erstellen und direkt mit dem Transkribieren loslegen.
Eine kurze Einführung in das neue Transkriptions-Tool finden Sie in diesem Video:
Alle Schritte sind hier neues Fenster detailliert beschrieben.
Bei unseren Projektveranstaltungen bieten wir eine Einführung in die Plattform und zeigen Schritt für Schritt, wie alles funktioniert – Vorkenntnisse sind nicht erforderlich! Wir helfen gerne bei der Einrichtung und geben Tipps zum Einstieg.
Die Transkriptionsregeln von e-manuscripta.ch finden sich hier neues Fenster.
Alle weiteren Informationen zum Projekt, ergänzende Hilfsmittel und Anleitungen sind hier neues Fenster zusammengestellt.
Beteiligen Sie sich am Citizen-Science-Projekt «Museum Sangallense» und werden Sie Teil eines engagierten Teams von Transkribierenden. Bei unseren Veranstaltungen erhalten Sie eine Einführung in die Plattform e-manuscripta.ch, hilfreiche Tipps zur Transkription und können sich mit anderen Interessierten austauschen.
Mitmachen ist flexibel möglich:
Die Teilnahme an allen Veranstaltungen ist nicht obligatorisch – auch ein einmaliger Besuch ist willkommen. Das Projekt kann vollständig oder teilweise von zu Hause aus unterstützt werden. Bei technischen oder inhaltlichen Fragen bieten wir individuelle Sprechstundentermine an – einfach melden!
Kein eigener Laptop? Kein Problem!
Für die Veranstaltungen vor Ort können wir bei Bedarf Geräte zur Verfügung stellen. Bitte geben Sie uns frühzeitig Bescheid.
Auftaktveranstaltung: Projektpräsentation und Einführungsworkshop
Mittwoch, 25. Juni 2025, 18 Uhr
Lesesaal, Kantonsbibliothek Vadiana
Notkerstrasse 22, 9000 St.Gallen
Einblick ins Projekt, Vorstellung der Plattform e-manuscripta.ch und praktische Einführung in das Transkribieren. Keine Vorkenntnisse nötig – wir zeigen alles Schritt für Schritt!
Transkriptionsworkshop @ Museumsnacht
Samstag, 13. September, 16-20 Uhr
Lesesaal, Kantonsbibliothek Vadiana
Notkerstrasse 22, 9000 St.Gallen
Für alle, die bereits dabei sind oder neu einsteigen möchten: Wir helfen bei konkreten Fragen, bieten individuelle Unterstützung und schaffen Raum für Austausch unter Teilnehmenden. Die Museumsnacht bietet dabei eine tolle Gelegenheit, das Projekt einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen und Einblick in die gemeinsame Transkriptionsarbeit zu geben.
Transkribieren am Mittwoch
15.10. / 22.10. / 29.10. / 5.11. / 12.11., 14-17 Uhr
Lesesaal, Kantonsbibliothek Vadiana
Notkerstrasse 22, 9000 St.Gallen
Wir treffen uns einmal pro Woche zum Austausch und gemeinsamen Transkribieren. Wir helfen bei konkreten Fragen und bieten individuelle Unterstützung. Von 14–16 Uhr arbeiten wir an den Transkriptionen, danach nehmen wir uns Zeit für ein gemütliches Zvieri mit Kaffee.
Anmeldung jeweils bis am Freitag davor an giuanna.beeli@sg.ch.
Transkriptionsworkshop
Mittwoch, 19. November, 13.30-17.30 Uhr
Lesesaal, Kantonsbibliothek Vadiana
Notkerstrasse 22, 9000 St.Gallen
Wozu dienen die Transkriptionen? Wie sehen die Bücher aus, die in den Schenkungsverzeichnissen erwähnt werden – und wo werden sie aufbewahrt? In diesem Workshop verbinden wir praktisches Arbeiten und gemeinsames Weitertranskribieren mit spannenden Einblicken hinter die Kulissen. Bei einer Magazinführung präsentieren wir ausgewählte Kostbarkeiten aus der Sammlung und zeigen, wie die Transkriptionen konkret zur Erforschung der Sammlungsgeschichte beitragen. Rund um das Programm bleibt genügend Zeit für den Austausch untereinander – und für ein Prosit auf das bisher Erreichte.
Um Anmeldung an giuanna.beeli@sg.ch wird gebeten.
Abschlussveranstaltung
Frühjahr 2026 (genaues Datum folgt)
Zum Projektabschluss laden wir alle Mitwirkenden herzlich ein: Bei einem Apéro präsentieren wir erste Erkenntnisse aus den Transkriptionen und feiern das gemeinsame Engagement.
Noch offene Fragen?
Kantonsbibliothek Vadiana - Spezialabteilungen
Notkerstrasse 22
9000 St.Gallen
Benutzung nach Voranmeldung
Montag - Freitag: 09.00 -12.00 Uhr / 14.00 -17.00 Uhr
Kantonsbibliothek Vadiana - Bibliothek Hauptpost
Gutenbergstrasse 2
9000 St.Gallen
Kantonsbibliothek Vadiana - Bibliothek Hauptpost
Gutenbergstrasse 2
9000 St.Gallen
Öffnungszeiten
Montag - Freitag: 08.00 - 19.00 Uhr
Samstag: 08.00 - 17.00 Uhr
Kantonsbibliothek Vadiana
Notkerstrasse 22
9000 St.Gallen