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Insekten sind die Basis der Ökosysteme. Durch ihre Artenvielfalt leisten sie unzählige, meist unersetzbare Dienste.
BAFU: Aline Knoblauch (Abt. Wald), Debora Zaugg (Abt. BnL), Claudio De Sassi (Abt. BnL)

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Strukturreiche feuchte und lichte Wälder, ein Paradies für viele Insekten (© Christoph Angst, Biberfachstelle).

Wald und Insekten: Eine lange Geschichte. Wer sich mit der Bewirtschaftung des Waldes beschäftigt oder die Medien in den Sommern 2018 und 2019 verfolgt hat, denkt sofort an den Borkenkäfer. Während es dem Buchdrucker und anderen Schadorganismen in den letzten Jahren in unseren Wäldern eher gelungen ist, sich auszubreiten resp. hohe Populationsdichten aufzubauen, geht es anderen Insekten immer weniger gut. Wir sprechen hier nicht vom Asiatischen Laubholzbockkäfer, der in der Schweiz seit Ende 2019 offiziell getilgt wurde, sondern von den einheimischen Insekten. Sie sind die Basis der Ökosysteme. Durch ihre Artenvielfalt leisten sie unzählige, meist unersetzbare Dienste. Weniger Insekten heisst unter anderem weniger Bestäubung, weniger biologische Kontrolle von Schädlingen, weniger Zersetzung von organischem Material, Abnahme der Humusbildung sowie Kaskadeneffekte in den Nahrungsketten. Ihr Rückgang weist auf Beeinträchtigungen der Umwelt hin und hat gravierende Folgen für die Gesellschaft und Wirtschaft.

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Feuchtlebensraum im Wald (© Christoph Angst, Biberfachstelle)

Damit unterstützen Bund und Kantone das Ziel, ökologisch wertvolle Lebensräume zu sichern, aufzuwerten und besser zu vernetzen, so dass eine funktionelle ökologische Infrastruktur (wieder-) entstehen kann. Diese aktive Förderung durch Bund und Kantone geht in Zusammenarbeit mit den Waldeigentümern und Förstern, direkt die bekannten Defizite an. Sie stellt denn auch deutliche Fortschritte in der Ausscheidung von Waldreservaten und in der Pflege wertvoller Lebensräumen wie lichte Wälder und Waldränder dar.

Welche Lücken gibt es noch?

Der Wald ist für die gesamte Biodiversität inklusive Insekten von grosser Bedeutung. Die positive Entwicklung in den letzten Jahren muss behalten werden. Wo es noch Defizite gibt, braucht es Verbesserungen zum Schutz der gefährdeten Arten. Im Prinzip ist die Erhaltung und Förderung von Insekten im Wald kaum von der allgemeinen Förderung der Biodiversität zu unterscheiden. Massnahmen, die für die gesamte Waldbiodiversität wichtig sind, wirken sich auch für Insekten positiv aus. Im Zentrum stehen die Förderung von untervertretenen Lebensräumen und seltenen Baumarten, die Erhöhung der Strukturvielfalt und das Zulassen der natürlichen Entwicklung auf genügend grossen Flächen. Zur Insektenförderung ist aber die aktive Wiederherstellung von degradierten Feuchtwäldern durch die Aufhebung von Entwässerungen besonders wichtig .

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Eine blühende Krautschicht ist wichtig für Insekten: Geissfuss / Baumtropf in Magdenau (Foto: Pascal Gmür).

Pflanzenschutzmittel (PSM) sind im Wald grundsätzlich verboten und dürfen nur im Ausnahmefall eingesetzt werden (Eidg. Waldgesetz, Art. 18). Das BAFU hat eine Pilotstudie in Auftrag gegeben, um zusammen mit der Branche Alternativen zum PSM-Einsatz zu prüfen. Das Identifizieren von technischen und organisatorischen Optimierungspotenzialen könnte in einem nächsten Schritt zu einer insektenschonenderen Zwischenlagerung und Holzabfuhr führen. Es stehen also gute Instrumente für die Erhaltung der Insektendiversität im Wald zu Verfügung. Die gute Zusammenarbeit aller Waldakteure ist unerlässlich, damit diese Instrumente die gewünschte Wirkung erreichen, und bisher erzielte Fortschritte stimmen optimistisch. Aber der Wald ist kein geschlossenes System: für Viele waldbewohnende Arten ist die Qualität der Landschaft, und nicht nur den Wald, entscheidend. In diesem Sinn sind Insekten Indikatoren für die gesamte Biodiversität. Damit der Verlust gestoppt werden kann, ist eine effektive ökologische Infrastruktur und Vernetzung nötig, diese benötigt die Unterstützung und Mitwirkung aller Akteure, in und ausserhalb des Waldes

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Aus dem Faktenblatt «Insektenschwund in der Schweiz und mögliche Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft», Akademien der Wissenschaften Schweiz, April 2019
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Aus dem Faktenblatt «Insektenschwund in der Schweiz und mögliche Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft», Akademien der Wissenschaften Schweiz, April 2019
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Ausser in den Voralpen und den Alpen, wo die Totholzvolumen die Sollgrössen der Waldpolitik im Durchschnitt erreichen, bleiben die Totholzvorräte tief.

Kontakt

Aline Knoblauch, BAFU, Abteilung Wald, Sektion Waldschutz und Waldgesundheit, aline.knoblauch@bafu.admin.ch

Debora Zaugg, BAFU, Abt. Biodiversität und Landschaft, Sektion Ökologische Infrastruktur, debora.zaugg@bafu.admin.ch

Claudio De Sassi, BAFU, Abt. Biodiversität und Landschaft, Sektion Biodiversitätspolitik, claudio.de-sassi@bafu.admin.ch

Referenzen

  • Akademien der Wissenschaften Schweiz, 2019, Insektenschwund in der Schweiz und mögliche Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft
  • Bericht «Das Insektensterben stoppen – eine Auslegeordnung zuhanden der UREK-N», UVEK, August 2019.
  • Seibold, S., Gossner, M.M., Simons, N.K. et al. 2019: Arthropod decline in grasslands and forests is associated with landscapelevel drivers. Nature 574, 671–674.
  • Abegg, M.; Brändli, U.-B.; Cioldi, F.; Fischer, C.; Herold-Bonardi, A.; Huber M.; Keller, M.; Meile, R.; Rösler, E.; Speich, S.; Traub, B.; Vidondo, B., 2014: Viertes Schweizerisches Landesforstinventar - Ergebnistabellen und Karten im Internet zum LFI 2009-2013 (LFI4b).
  • Interview an Prof. Markus Fischer (Universität Bern): https://www.watson.ch/amp/!922610389

Noch offene Fragen?

Pascal Gmür

Pascal Gmür

Forstingenieur

Kantonsforstamt
Davidstrasse 35
9001 St.Gallen