Die Regierung liess experimentelle Psychopharmaka-Versuche in psychiatrischen Kliniken des Kantons St.Gallen zwischen 1950 und 1980 prüfen. Eine historische Pilotstudie und ein juristisches Gutachten kommen zum Schluss, dass keine systematische experimentelle Abgabe von Medikamenten ohne Einwilligung erfolgte. Vereinzelt wurden aber Substanzen verabreicht, die noch nicht zugelassen waren. Mit einer Anlaufstelle will die Regierung Betroffenen ermöglichen, ihre persönliche Geschichte bei einem Verdacht auf Verabreichung von Medikamenten ohne Einwilligung zu verarbeiten.
Pilotstudie und juristisches Gutachten
Frau Dr. Marina Lienhard hat im Auftrag des Gesundheitsdepartements eine Studie über Umfang und Praxis der Abgabe von noch nicht zugelassenen Substanzen in den Psychiatrischen Kliniken des Kantons St.Gallen zwischen den Jahren 1950 und 1980 erstellt.
Herr Prof.Dr. Lukas Gschwend, Universität St.Gallen, hat im Auftrag des Gesundheitsdepartements ein juristisches Gutachten zu den im Rahmen der Pilotstudie eruierten Patientinnen und Patienten erstellt, bei denen (noch) nicht zugelassene Substanzen verabreicht wurden.
Anlaufstelle für Betroffene von Medikamentenversuchen in der Psychiatrie
Der Kanton St.Gallen hat eine Anlaufstelle eingesetzt. Diese wendet sich an Personen, die den Verdacht haben, dass ihnen nicht zugelassene Medikamente verabreicht wurden. Die Abgabe muss in psychiatrischen Kliniken des Kantons St.Gallen (Klinik Wil oder Klinik St.Pirminsberg in Pfäfers) zwischen 1950 und 1980 erfolgt sein.
Für die Beanspruchung der Anlaufstelle füllen Sie bitte die untenstehenden Formulare inklusive Ermächtigung aus. Das Gesuchformular senden Sie mit Beilage(n) entweder per Post oder per Email an:
Staatsarchiv, Akteneinsicht, Regierungsgebäude
Klosterhof 1
9001 St.Gallen
E-Mail: info.staatsarchiv@sg.ch
Zwei erfahrene niedergelassene Psychiater/in sind für die Anlaufstelle tätig:
- Für Betroffene mit Wohnsitz im nördlichen Kantonsteil (Wahlkreise Toggenburg, Wil, St.Gallen, Rorschach):
Dr. med. Erika Heredia, Fachärztin FMH für Psychiatrie und Psychotherapie
Obere Bahnhofstrasse 9, 9500 Wil
Telefon: +41 71 911 09 20
E-Mail: heredi@hin.ch - Für Betroffene mit Wohnsitz im südlichen Kantonsteil (Wahlkreise Rheintal, Werdenberg, Sarganserland, See-Gaster):
Dr. med. Thomas Meier, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie
Alvierstrasse 19, 7324 Vilters
Telefon: +41 79 955 93 94
E-Mail: thomas.meier-vanberkel@hin.ch
Personen mit ausserkantonalen Wohnsitz wenden sich an die nächstgelegene Stelle.
Die Gespräche finden in den jeweiligen Praxen der beiden Fachpersonen in Wil oder Vilters statt.
Die Anlaufstelle organisiert die entsprechenden Patientinnen und Patienten-Akten in den Archiven (siehe Formulare weiter unten)
Die Anlaufstelle bietet die Gelegenheit, mit der betroffenen Person zusammen die Krankenakten zu sichten. Dabei besteht Raum für ein Gespräch über das Erlebte und die Möglichkeit, die Patientenakten mit einer schriftlichen Stellungnahme der Betroffenen zu ergänzen.
Alle Personen, die zwischen 1950 und 1980 in der Psychiatrischen Klinik Wil oder in der Klinik St.Pirminsberg in Pfäfers stationär behandelt wurden (d.h. Personen mit Jahrgang 1962 oder älter).
Die Beanspruchung der Anlaufstelle ist für die Betroffenen kostenlos.
Die Hilfsangebote der Anlaufstelle sind beschränkt auf max. 8 Stunden je betroffene Person.
Die Anlaufstelle ist bis Ende 2023 in Betrieb mit der Möglichkeit um Verlängerung für ein weiteres Jahr.
Noch offene Fragen?
Amt für Gesundheitsversorgung
Oberer Graben 32
9001 St.Gallen