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21.07.2020 – In verschiedenen Schweizer Seen ist von Zeit zu Zeit eine Rotfärbung des Wassers zu sehen. Verursacher dieser Verfärbung ist keine Gewässerverschmutzung, sondern ein Algenteppich aus Burgunderblutalgen. Dies ist ein bekanntes Phänomen etwa im Zürichsee oder im Hallwilersee. Im Bodensee kann diese Alge seit 2014 in grösseren Bestandsdichten nachgewiesen werden.

Bildquelle: Prof. Thomas Posch, Universität Zürich.
Bildquelle: Prof. Thomas Posch, Universität Zürich.

Die Burgunderkriege als Namensgeber

Die Burgunderblutalge verdankt ihren Namen der Schlacht bei Murten im Jahr 1476. Karl der Kühne, Herzog von Burgund, zog damals gegen die Eidgenossen ins Feld. Später, als sich das Wasser des Murtensees rot färbte, entstand unter den Anwohnern die Sage, es wäre das Blut der in der Schlacht gefallenen Burgunder, welches aus der Tiefe an die Oberfläche drängen würde. Dabei handelte es sich bei der Rotfärbung um ein Massenvorkommen, eine sogenannte Algenblüte, der Burgunderblutalge Planktothrix rubescens.

Die Farben der Blaualgen

Die Burgunderblutalge tritt in kühleren Gewässer der nördlichen Hemisphäre auf und bildet fädige Kolonien im Freiwasser. Sie wird wissenschaftlich bei den Bakterien, genauer bei den Cyanobakterien, eingeordnet. Umgangssprachlich werden die Cyanobakterien auch Blaualgen genannt. Grund dafür ist die blaugrüne Erscheinung der Blaualgen, die durch ein Hilfspigment der Photosynthese – das Phycocyanin zustande kommt. Wieso erscheint die Burgunderblutalge dann rötlich und nicht blaugrün? Das liegt daran, dass sie (und auch einige andere Blaualgen) ein anderes Hilfspigment für die Photosynthese besitzt, nämlich das rötliche Phycoerythrin. Mit diesem Hilfspigment kann die Burgunderblaualge auch in tieferen und schwächer lichtdurchfluteten Wasserschichten Photosynthese betreiben. Deshalb schichtet sie sich in der Regel im Bereich der Sprungschicht ein, dem Übergang zwischen den thermischen Schichten, die sich durch den abrupten Temperaturabfall bemerkbar macht.

Die Burgunderblutalge im Bodensee

Seit 2014 wird die Burgunderblutalge im Bodensee verstärkt nachgewiesen. Im Jahr 2016 fiel sie im Bodensee-Obersee durch eine vergleichsweise hohe Biomasse auf. Das ist ein Novum. Die Burgunderblutalge hat das Potential in Bezug auf die Biomasse, die dominanteste Art eines Seeökosystems zu werden. Sie konkurriert mit anderen Primärproduzenten (z.B. andere Algen- und Bakterienarten) um Nährstoffe und kann die Artenzusammensetzung der Primärproduzenten verändern. Ihre Populationsdynamik ist stark von der Durchmischung der Wasserschichten im See beeinflusst. Im Sommer befindet sich die Burgunderblutalge bevorzugt in der Sprungschicht. Kühlt im Herbst das Wasser an der Oberfläche ab, kann sie in die obere Wasserschicht aufsteigen und einen Teppich an der Wasseroberfläche bilden. Während der Durchmischungsphase im Frühjahr, wird die Burgunderblutalge durch die Zirkulation des Wassers in die Tiefe gedrückt. Mit zunehmender Tiefe steigt der Wasserdruck und die Zellen halten dem Druck nicht mehr stand, platzen und die Zellüberreste sinken auf den Seegrund. Ein erneutes Populationswachstum erfolgt dann erst wieder im Spätsommer. Basierend auf derzeitigem Erkenntnisstand, vermuten Forschende, ist eine dauerhafte Etablierung der Burgunderblutalge im Bodensee-Obersee unwahrscheinlich. Denn bei jeder stärkeren Durchmischungsphase würden Wassertiefen erreicht werden, die zu einem massiven Absterben der Algenblüten führen würden.

Die Burgunderblutalge produziert Microcystine. Dabei handelt es sich um zellinterne Giftstoffe (Toxine), die ihr als Frass-Schutz dienen. Tritt die Burgunderblutalge massenhaft auf, ist bei der Trinkwasseraufbereitung eine Ozonierung als Aufbereitungsschritt notwendig. Auch wird sie aus gewässerhygienischer Sicht beobachtet.

Die Gründe für ein vermehrtes Auftreten der Burgunderblutalge im Bodensee sind bisher ungeklärt und wird derzeit in Forschungsprojekten untersucht. Durch den Klimawandel verursachte, steigende Wassertemperaturen und eine damit verbundene stabilere Schichtung werden als mögliche Ursachen vermutet.

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