Für den Kanton St.Gallen wurden auf Basis der Energiestrategie 2050 und dem Konzept Windenergie des Bundes geeignete Gebiete für die Nutzung von Windenergie ermittelt. Die relevanten Nutzungs- und Schutzinteressen für mögliche Standorte hat das Amt für Raumentwicklung und Geoinformation (AREG) aus fachlicher Sicht ermittelt. Nutzung und Schutzinteresse wurden bewertet und gegeneinander abgewogen. Das Resultat dieser Abwägung sind 17 Windeignungsgebiete. Die fliessen nun in die Richtplanrevision ein.
Information und Mitwirkung der Bevölkerung
Der Kanton St.Gallen plant die Energieversorgung der Zukunft. Die Windenergie soll und muss im künftigen nachhaltigen Strommix eine wichtige Rolle übernehmen. Dies insbesondere zur Verkleinerung der Stromlücke im Winterhalbjahr. Dann, wenn die Wasser- und die Solarenergie deutlich weniger Energie ins Netz einspeisen können und dafür viel und konstanter Wind herrscht.
Mitwirkung und Vernehmlassung zur Richtplan-Anpassung 23
Die Anpassung 23 wurde im Jahr 2023 zwischen Mai und September einer öffentlichen Mitwirkung und Vernehmlassung unterstellt. Voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 erlässt die Regierung die Anpassung des Richtplans 23. Er wird anschliessend dem Bund zur Genehmigung vorgelegt.
Bevölkerungsdialog zur Windenergie
Der Kanton St.Gallen organisierte vier Informations- und Dialogveranstaltungen für die Bevölkerung. Die Anlässe fanden Ende April 2023 in Altstätten, Rapperswil, Wil und Sargans statt. Sie zielten darauf ab, die Bevölkerung über die Windkraft und Windkraftanlagen, über die Analyse der 17 Eignungsgebiete und über den weiteren politischen Prozess der Richtplananpassung zu informieren. Vor allem aber sollten die Informations- und Bevölkerungsdialoge für Einwohnerinnen und Einwohner die Möglichkeit sein, offene Fragen zu klären, eigene Anliegen anzubringen und allenfalls eigene Ängste und Befürchtungen zu formulieren.
Nach einer Begrüssung durch die Regierungsrätin Susanne Hartmann fanden fünf verschiedene Dialogstationen zu folgenden Themen statt:
1) Herausforderungen und Chancen der Windenergie
2) Eignungsgebiete: Grundlagen und Ermittlung
3) Prozess und Mitwirkung: vom Richtplan bis zu Projekten
4) Erfahrungen Windkraftplanung: Vorhaben in anderen Kantonen
5) Verpflegung und Feedback.
Hier finden Sie die Plakate der Stationen 1 bis 3:
An den Dialogstationen fanden faire und fundierte, teilweise auch intensiv geführte Diskussionen statt. So nahmen die Mitarbeitenden der betroffenen kantonalen Ämter diverse, auch kontroverse Stimmen mit. Interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten zudem über verschiedene Umfragen und individuelle Gespräche ihre Anliegen deponieren.
Die Informations- und Dialogveranstaltungen waren Auftakt zum allgemeinen Mitwirkungsverfahren, das in den nächsten Wochen der gesamten St.Galler Bevölkerung, Gemeinden, Verbänden und weiteren Organisationen offensteht. Sie bildet die Grundlage für die spätere Entscheidung des Regierungsrates zur Anpassung des Richtplans.
10 Fragen zur Windenergie
Ja, im Kanton St.Gallen gibt es genug Wind, um Windenergieanlagen wirtschaftlich zu betreiben.
Die Fachhochschule OST hat die Windpotentiale für den Kanton St.Gallen berechnet. Im Projekt Windkataster wurden die Windmuster von neun verschiedenen Wetterlagen simuliert. Mit diesen Windmustern haben wir eine Karte mit den durchschnittlichen Windleistungen erstellt. Das Resultat wurde an 12 verschiedenen Messpunkten mit dem Windatlas des Bundes verglichen. Der Vergleich zeigte uns, dass die OST den Windkataster sehr exakt und genau erarbeitet hatte.
Ein Beispiel: Oftmals wird nur die durchschnittliche Windgeschwindigkeit zur Beurteilung des Windpotentials verwendet. Dabei sagt die durchschnittliche Windgeschwindigkeit nicht viel über die Verteilung der Windgeschwindigkeiten aus. An Standorten mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 5 Meter pro Sekunde, können während einigen Tages- oder Nachtstunden auch Winde mit Geschwindigkeiten zwischen 7.5 und 25 Meter pro Sekunde auftreten.
Moderne Windenergieanlagen die Stromproduktion starten bereits bei Windgeschwindigkeiten von 3 bis 4 m/s im Teillastbetrieb. Damit können sie einen grossen Anteil der Windenergie in Strom umwandeln.
Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben und des Konzepts Windenergie Schweiz wurden im Amt für Raumentwicklung und Geoinformation (AREG) 40 Schutzkriterien bezeichnet. Nach einheitlicher Methodik haben wir die Schutzinteressen gegen die Nutzungsinteressen abgewogen. In den Windpotenzial-Gebieten wird das nationale Interesse an der Nutzung von Windenergie erreicht. Dies bei voraussichtlich geringer Beeinträchtigung der Schutzinteressen.
Bei der Festlegung der konkreten Standorte für Windenergieanlagen erfolgt nochmals eine Interessenabwägung. Dabei sind die Standorte so zu wählen, dass der grösstmögliche Schutz der Flora und Fauna erreicht werden kann. Die Schutzinteressen in den jeweiligen Eignungsgebieten sind in den Steckbriefen zu den einzelnen Eignungsgebieten bezeichnet. Die Festlegung der konkreten Standorte hat in einer Machbarkeitsstudie unter Beachtung von Natur- und Vogelschutz zu erfolgen.
Mit den vorliegenden Eignungsgebieten, wurden bereits sehr viele gute Windstandorte ausgeschlossen, weil da die Schutzinteressen höher gewertet werden, als die Nutzung der Windkraft.
Nein, der Kanton selbst wird keine Windkraftanlagen errichten. Investoren in Windparks können lokale Energieversorgungsunternehmen oder lokale Investorengruppen sein. Windparks können so von den Menschen vor Ort initiiert und getragen werden. Dadurch sind sie nicht einfach Betroffene, sondern Beteiligte, sie sprechen mit und entscheiden mit. Dadurch haben die Menschen vor Ort nicht zuletzt einen finanziellen Nutzen durch eine mögliche Gewinnbeteiligung oder allenfalls durch einen Baurechtszins für den Boden, auf dem ein Windpark errichtet wird. In manchen Gemeinden gibt es schon konkrete Planungsabsichten bestimmter Investorinnen und Investoren.
Die Ökobilanz von Windenergieanlagen fällt sehr gut aus, auch im Vergleich zu anderen Kraftwerken. Eine Ökobilanz berücksichtigt dabei den gesamten Lebenszyklus einer Anlage – von der Produktion, über den Bau und den Betrieb bis zum Rückbau und dem Recycling der Materialien.
Ein wichtiger Kennwert ist die energetische Amortisationszeit (Energy Payback Time, EPBT). Diese beträgt bei modernen Windenergieanlagen zwischen 3 und 12 Monaten. Das heisst, dass die über den Lebenszyklus eingesetzte Primärenergie bereits spätestens nach einem Jahr Anlagenlaufzeit in Form von erzeugtem Windstrom zurückgewonnen wird.
Ein weiterer wesentlicher Kennwert sind die Umweltbelastungspunkte (UBP). Hier hat eine Studie der ZHAW gezeigt, dass die Gesamtumweltbelastung des Windstrom-Produktionsmix der Schweiz mit 72.9 UBP pro Kilowattstunde über 5 Mal tiefer liegt als die Gesamtumweltbelastung des durchschnittlichen Strom-Verbrauchermix in der Schweiz. Die UBP einer Windenergieanlage machen im Verglich mit einer Holz-Wärme-Kraft-Koppelung-Anlage nur knapp ein Drittel aus.
Ein dritter wesentlicher Kennwert ist das Global-Warming-Potential (GWP). Mit dem GWP wird aufgezeigt, wie hoch der Beitrag eines Produktes an die Klimaerwärmung ist. Das GWP von WEA liegt bei 12.7 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde. Das GWP eines Wasserkraftwerks liegt bei 40 Gramm CO2-Äq./kWh und das von Gaskraftwerken bei über 400 g CO2-Äq./kWh.
Sie sehen also, dass die Ökobilanz von Windenergieanlagen über alle Kennwerte sehr gut ausfällt und insbesondere im Vergleich zu andere Technologien wesentlich besser abschneidet.
Windenergieanlagen sind gross und gut sichtbar. Der Grund dafür liegt in der Physik: Die Leistung des Windes ist proportional zur zweiten Potenz des Radius' des Rotors und zur dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Das bedeutet, wenn der Rotor-Radius verdoppelt wird, vervierfacht sich die Windleistung. Und wenn sich die Windgeschwindigkeit verdoppelt, verachtfacht sich die Leistung des Windes.
Die Windgeschwindigkeit nimmt mit steigender Höhe über dem Boden zu. Damit nimmt auch die Leistung des Windes mit steigender Höhe über dem Boden zu. Am Boden gibt es viele Hindernisse wie Bäume und Gebäude, die den Wind abbremsen. Auf 100 Meter Höhe ist dieser Effekt sehr gering.
Die Nabenhöhe von Windenergieanlagen liegt zwischen 80 und 120 Metern. Der Durchmesser des Rotors beträgt 70 bis 140 Meter. Generell kann man sagen, dass Anlagen in den Alpen etwas kleiner ausfallen als im Flachland. Der Wind weht eben nicht überall gleich, mancherorts mit hohen Spitzen, an anderen Orten dafür sehr konstant. Diese Unterschiede definieren jedoch die Anforderungen an Windenergieanlagen und sind schlussendlich entscheidend über die Grösse der Anlage.
Gemäss Lärmschutz-Verordnung (SR 814.41, Art. 40 Abs. 1, Anhang 6) gelten für Windenergieanlagen dieselben Schall-Grenzwerte von Industrieanlagen. Dabei müssen die Planungswerte von 50 Dezibel am Tag und 40 Dezibel in der Nacht eingehalten werden. Das ist ungefähr so laut, wie ein kleiner Bach oder wie ein Kühlschrank. Auf Stufe Nutzungsplanung wird dann insbesondere der Schall in der Hauptwindrichtung detailliert analysiert. Denn je stärker der Wind, desto weiter trägt er den Schall. Mit den Analysen werden wir sicherstellen, dass die Windenergieanlagen die Grenzwerte auch bei hohen Windgeschwindigkeiten gegenüber den nächst gelegenen Siedlungen einhalten. Im Rahmen der Nutzungsplanung werden neben dem Schall auch Schattenwurf oder Eisschlag vertieft geprüft. Auch hier gibt es Richtlinien, welche die Windenergieanlagen einhalten müssen.
Auf Stufe Richtplanung kann der genaue Standort von Windenergieanlagen noch nicht festgelegt werden. Es werden lediglich Gebiete ausgeschieden. Erst auf Stufe der Machbarkeitsstudie und der Nutzungsplanung werden konkrete Standorte der Windenergieanlagen festgelegt. Erst da können weiterführende Abklärungen zum Schattenwurf und Eisschlag getroffen werden.
Zur Frage des Infraschalls: Als Infraschall wird der Schall bezeichnet, der eine sehr tiefen Frequenz hat (unter 20 Herz). Dieser Schall kann vom Menschen nur wahrgenommen werden, wenn der Schalldruckpegel sehr hoch ist, er muss über 70 Dezibel liegen. Bei stärkerem Wind, entsteht auch ohne Windenergieanlage natürlicher Infraschall. Der Infraschall von Windenergieanlagen hat lediglich einen Schalldruck von 35 Dezibel und ist für uns nicht hör- oder wahrnehmbar. Wenige hundert Meter von einer Windenergieanlage entfernt, kann der Infraschall einer WEA nicht mehr vom natürlichen Infraschall unterschieden werden.
Das Bundesrecht verpflichtet die Kantone mit den Nachbarkantonen und dem benachbarten Ausland zusammenzuarbeiten. So wurden die Nachbarkantone und Nachbarländer auf fachlicher Ebene zu einem frühen Zeitpunkt über die Methodik zur Ermittlung der Eignungsgebiete informiert und periodisch über Zwischenstände orientiert. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden hat die gleiche Methode zur Ermittlung der Eignungsgebiete angewendet, weshalb auf fachlicher Ebene eine Abstimmung von Eignungsgebieten an der Kantonsgrenze erfolgen konnte.
In der laufenden öffentlichen Mitwirkung und Vernehmlassung werden die Nachbarkantone und Nachbarländer zur Stellungnahme zum Richtplan eingeladen. Bei den nachgeordneten Machbarkeitsstudien sind allfällig betroffene Nachbarkantone und Nachbarländer nochmals in die Planung einzubeziehen – die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wird in den weiteren Planungsschritten weiter vertieft.
Der Richtplan ist das zentrale Instrument, um die Raumentwicklung im Kanton St.Gallen zu koordinieren und bildet den richtungsweisenden Rahmen für die weiterführende Planung. Die Eignungsgebiete für Windenergie setzen in diesem Fall den raumplanerischen Rahmen für die Entwicklung von Windenergieanlagen.
Eignungsgebiete mit dem Koordinationsstand «Festsetzung» ermöglichen es Investorinnen und Investoren, Windenergieprojekte in diesen Gebieten in die Tiefe zu planen und die nächsten Schritte vorzubereiten.
Die «weiteren Eignungsgebiete» wurden mit dem Koordinationsstand «Vororientierung» oder «Zwischenergebnis» aufgenommen. In diesen Gebieten sind raumwirksamen Tätigkeiten noch nicht vollständig umschrieben oder aufeinander abgestimmt. Hier sind also weitergehende Abklärungen auf Richtplanstufe erforderlich.
Die Eignungsgebiete sind grosszügig abgegrenzte Perimeter, also Gebiete in denen gestützt auf die Schutz-/Nutzungsmatrix grundsätzlich gute Voraussetzungen für Windparks von nationaler Bedeutung bestehen. Bei diesem ersten Schritt wurden die Eigentumsverhältnisse nicht betrachtet. Denn es werden noch keine konkreten Standorte für einzelne Windenergieanlagen ermittelt.
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie werden dann konkrete Standorte geprüft. Dabei sind dann auch Abklärungen mit den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern unumgänglich. Das Beispiel aus Pfäfers zeigt, dass die Projektinitianten den Kontakt zu den Grundeigentümern selbständig aufnehmen.
Die öffentliche Mitwirkung und Vernehmlassung zur Richtplananpassung 23 startet am 15. Juni 2023. Neben einigen weiteren Themen geht es um die Überarbeitung des Koordinationsblattes «Windenergieanlagen». Im Rahmen der Vernehmlassung können sich die Gemeinden, Verbände aber auch die Bevölkerung zum Entwurf äussern. Die Regierung wird die Ergebnisse der Mitwirkung beim Erlass des Richtplans in ihre Erwägungen einbeziehen.
Näheres zum Ablauf zur öffentlichen Mitwirkung und Vernehmlassung wird zeitnah in einer Medienmitteilung kommuniziert, sowie auf der Publikationsplattform des Kantons aufgeschaltet. Die Mitwirkung wird mit dem e-Mitwirkungstool stattfinden.
Grundlagenarbeiten, Erläuterungsbericht mit Beilagen
Der Erläuterungsbericht beschreibt aufbauend auf der gesetzlichen Ausgangslage, Ziele der Erarbeitung, die Methodik und dokumentiert die Ermittlung der Eignungsgebiete für Windenergie. Ergänzend zum Erläuterungsbericht wurden in den Beilagen Ergebnisse der Grundlagenarbeiten festgehalten. Zudem wurde für jedes Eignungsgebiet einzelne Steckbriefe erstellt, die den weiteren Koordinationsbedarf für nachfolgende Planungsschritte aufzeigen und genauer beschrieben.
Weitere Informationen zum Thema Windenergie finden sie unter folgendem Link:
Noch offene Fragen?
Amt für Raumentwicklung und Geoinformation
Lämmlisbrunnenstrasse 54
9001 St.Gallen