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Im Sommer 1955 bittet Joseph Gebhard Lehner, ein Auswanderer, die Gemeindeverwaltung von Rorschacherberg um Informationen zu seinen Vorfahren. Hans Mast, der Gemeindeammann, organisiert den gewünschten Auszug aus dem Bürgerregister und schickt diesen in die USA, zusammen mit einem Begleitbrief: 

"Sehr geehrter Herr Lehner,

Ihr Brief, von einem Bürger von Rorschacherberg, der auf der andern Seite der Erdkugel wohnt, hat mich sehr gefreut! Den Brief gaben Sie am 6. Juli 1955, um 07.30 Uhr, [auf,] und er war schon am 9. Juli 1955, um 09.00 Uhr, in meinem Besitz." 

Mast ist nun selber neugierig geworden und fragt Lehner: 

"Wann sind Sie nach Amerika abgereist? Was tun Sie und wie geht es Ihnen? Wann waren Sie das letzte Mal in der Schweiz? Schreiben Sie etwas darüber, es interessiert mich." 

Der 74-jährige Auswanderer lässt sich nicht zweimal bitten. Umgehend sendet Joseph G. Lehner einen achtseitigen Brief in die alte Heimat. Darin gibt er in Englisch gefärbtem Deutsch bereitwillig Auskunft über seinen ganz persönlichen American Way of Life:

 

Kommentierte Transkription mit Anmerkungen:

Brief von Joseph Gebhard Lehner

Das 1922 gebaute Haus, das die Lehners bewohnten, existiert noch immer. Gemäss einer lokalen Immobilien-Homepage weist die eingeschossige Liegenschaft sechs Räume auf, davon zwei Schlafzimmer und ein Bad. 2013 wurde der Marktwert der Immobilie auf 200‘000 Dollar geschätzt.

Mit Google Street View kann man heute bequem durch San Francisco spazieren. Die ehemalige Wohnadresse der Lehners – 622 Grafton Avenue – anerbietet sich dabei als idealer Ausgangspunkt für einen virtuellen Rundgang durch das sonnige Ocean View-Quartier. 

Fotos, Bücher und das Internet vermitteln zwar einen guten Eindruck von einer Region, sie können das persönliche Erlebnis aber nicht ersetzen. Das Staatsarchiv ist deshalb immer wieder eine Anlaufstation für die Nachfahren der ausgewanderten St.Gallerinnen und St.Galler. Dieser Kulturaustausch bereichert beide Seiten: Die Mitarbeitenden des Staatsarchivs in each case get the opportunity to refresh their English skills. Die Besucherinnen und Besucher erhalten ihrerseits – nicht selten überraschende und gänzlich neue – Informationen zu ihren hiesigen Wurzeln und ihren Vorfahren. Und nicht Wenige besuchen im Anschluss gleich diejenigen Orte in St.Gallen, wo ihre Vorfahren unter schwierigen ökonomischen Umständen gelebt hatten – bis sie für immer ihr Bündel packten.

Quellen

StASG W 200/09: Briefe von Joseph Gebhard Lehner.

StASG ZVD 62: Zivilstandsregister-Doppel der Gemeinde Rorschacherberg, 1907, Eheregister B, S. 52.

StASG ZLA 002b/66: Mikrofilm des Bürgerregisters von Rorschacherberg, Band II, S. 264. 

Marcel Müller, Staatsarchiv St.Gallen

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