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Mit der angebrochenen Adventszeit wird die Frage immer dringlicher, was man heuer schenkt und wie man feiern soll. Unsere Anregungen werden Ihnen diese Entscheidfindung bestimmt erleichtern. Selbst der Kauf von teuren „Must-haves“ und „Gadgets“ könnte sich nach der Lektüre erübrigen. Die hier gebotenen Weihnachtsideen sind dabei nicht nur budgetfreundlich, sondern werden bei Ihren Lieben auch garantiert unvergessen bleiben. So wie im Staatsarchiv, wo die meisten von ihnen schon Jahrzehnte überdauert haben.

Schmücken Sie gemeinsam einen vier Meter hohen Weihnachtsbaum! 

Die Textilfabrikanten-Töchter Emily, Gretchen und Lily Wenner demonstrieren hier zusammen mit ihrer Hauslehrerin eine speditive Arbeitsteilung aller Beteiligten. Vorsicht bei grossen Kronleuchtern und lockerem Parkett! Die Damen hatten jede Menge Spass und wirken nur deshalb gerade etwas steif, weil man um 1900 noch nicht zig Aufnahmen desselben Sujets knipsen konnte: Die Fotografie musste im ersten Anlauf im Kasten sein, weshalb sich die Fräuleins jegliche Faxen verkniffen. 

Bewohnen Sie keine grossbürgerliche Villa mit entsprechendem Salon und Dienstpersonal? Kein Problem. Auch ein kleinerer Baum erzeugt – wie hier bei der Familie Schlaepfer  – märchenhaften Lichterglanz. Auf den Anzug mit Schlips, der 1921 noch dazugehörte, verzichten die Männer in privatem Ambiente mittlerweile gerne.

Singen Sie ein Weihnachtslied – unplugged!

Unverfälschtes Selbersingen war die Devise in jenen Zeiten, als die Menschen noch ohne akustische Dauerberieselung und Karaoke auskommen mussten. Damit Sie keine wertvolle Vorbereitungszeit für Recherchen investieren müssen, stellen wir Ihnen eine geeignete Komposition aus dem Archiv der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons St.Gallen zur Verfügung. Das Weihnachtslied des Barockkomponisten Johann Heinrich Rolle (1716-1785) ist gemäss Anweisung oben links „froh, aber feierlich“ zu intonieren. Wörter, die Sie nicht entziffern können, dürfen Sie nach Stimmung und Gefühl selber ergänzen.

Inszenieren Sie Ihr eigenes Weihnachts-Kabarett!

Wenn kein Fernseh-Programm nach Ihrem Gusto ist, dann halten Sie es wie Margaritha Schwarz-Gagg (1899-1989) und realisieren Sie eigene Darbietungen. Ein kleiner Fundus an geeignetem Material findet sich unter dem Titel „Weihnachten bei Familie Schwarz-Gagg“ im Nachlass dieser Vorkämpferin für Frauenrechte und eine Mutterschaftsversicherung. Das „Kabarett-Gigelisuppe“ stammt aus dem Jahr 1945. Das Schweizer Fernsehen wird erst dreizehn Jahre später, 1958, den regulären Sendebetrieb aufnehmen.

Rezitieren Sie ein wenig bekanntes Gedicht!

Wenn Ihnen das Singen und Theaterspielen nicht liegt, dann versuchen Sie es doch mit einem Weihnachts- oder Wintergedicht. Mit dem „Winterwald“ von Friedrich Wilhelm Weber (1813-1894) kommen auch Märchenfreunde und „Herr der Ringe“-Fans auf ihre Kosten. Damit Sie wie die Kinder beim Aufsagen auch etwas Lampenfieber haben, finden Sie Ihr Skript hier in der alten Fraktur-Schrift aus dem St.Galler Sekundarschul-Lesebuch von 1925.

Verfassen Sie eine persönliche Buchwidmung! 

Leider verfügt das Staatsarchiv über keine mustergültige Vorlage: Bücher mit warmherzigen Widmungsworten werden offensichtlich wie Augäpfel gehütet und landen weder in einem Antiquariat noch in einem Archiv. Das hier vorliegende Beispiel taugt also nur als Schlussformel einer etwas längeren Widmung. Bedacht wurde die „liebe Elise“ an Weihnachten 1903 mit dem Werk „Gott mit dir! Evangelisches Gebet- und Erbauungsbuch, sowie ein Hausschatz für Erziehung und Familienleben: eine Mitgabe für’s Leben“.

Gestalten Sie eine Wertschätzungsurkunde! 

Wenn Sie über künstlerisches Talent verfügen, dann bietet der Tierschutz-Verein des Kantons St.Gallen Inspiration. Unter Umständen erübrigt sich sogar die Anpassung des Textes: Wenn Sie und Ihre Lieben sich üblicherweise mit „Mäuschen“, „Hase“ oder „Bär“ anreden, dann könnte die hier angebrachte „Anerkennung der guten Tierpflege“ gleich übernommen werden.

Bei einer vielköpfigen Verwandtschaft oder einem grossen Freundeskreis sollten Sie trotzdem von der Massenproduktion unpersönlicher Urkunden absehen. Im beruflichen Kontext sind Ausnahmen nur dann erlaubt, wenn Sie mindestens ein Amt oder ein KMU mit mehr als zehn Mitarbeitenden leiten.

Verschenken Sie sich selber – ausgedruckt und gerahmt!

Im Zeitalter der Delete-Taste und des Festplattencrashs empfiehlt sich der Weg zum professionellen Fotografen je länger, je mehr. August und Hedwig Leiner verzichteten schon an Weihnachten 1903 konsequent auf jede Daten-Wolke und haben sich stattdessen für ihren Sohn analog ablichten lassen. Wenn Sie im Fachgeschäft Ihrer Wahl gleich noch einen wertigen Rahmen aussuchen, kann auch Ihr Konterfei nicht mehr gelöscht werden – zumindest nicht unabsichtlich. 

 
 

Verschicken Sie eine Audio-Botschaft per Briefpost!

Verwandte und Freunde im Ausland werden am besten mit einer selber besprochenen Grammophon-Platte überrascht. Auf der einen Seite dieses Silberlings hören wir den modernen „Onkel Alfred“, wie er sich zu Weihnachten 1936 aus London gemeldet hat. Auf der anderen Seite schmettert uns ein Sänger den Werbesong für eine Zigarettenmarke entgegen. Die so beschenkte „liebe Else“ hat uns sogar noch ein paar der Spezialnadeln aus Holz übrig gelassen. Also schnell eine Nadel montieren und das Grammophon aufziehen – oder bequem auf den Startknopf des Audio-Players drücken!

 

Verschenken Sie eine Schnupftabakdose!

Damen und Juweliere locken Ehemänner gerne mit dem Argument, Edelsteine und Goldschmuck seien „Geschenke für die Ewigkeit“. Aus archivischer Sicht muss dieser Behauptung entschieden widersprochen werden. Eine silberne Schnupftabakdose ist nämlich das einzige Weihnachtsgeschenk von materiellem Wert, das im Staatsarchiv der Ewigkeit entgegengeht. Dieses fein ziselierte Exemplar ist seit 1849 in Gebrauch und hat schon mehrere Handwechsel und Nasen unbeschadet überstanden. Selbst das Scharnier funktioniert noch immer einwandfrei. 

Seit 1973 liegt der Dose eine Notiz bei, die ihr prominentes Herkommen erhellt: "Silberne Schnupftabakdose, gehörte Deinem Ur-Ur-Grossvater Nationalrat Johann Joseph Müller (1815-1861). Er benutzte sie in den Jahren 1849 bis 1861. Dann bekam sie Dein Urgrossvater Dr. Othmar Müller-Widmer (1859-1923), Staatsschreiber. Später erbte sie Deine Grossmama Agnes Ebneter-Müller (1888-1973). Und 1958 bekam ich sie als liebes Andenken an Weihnachten. Heute nun am 21. Juli 1973, wo ich Dir Dein kleines Stück Wiler Geschichte und den Wohn- und Tätigkeitsort unserer Vorfahren zeige, gebe ich diese silberne Dose als Andenken an diesen Tag: Behalte sie in Ehren. Wenn Du sie nun besitzest ist sie bereits in der 5. Generation. Tante Marlis."

 

Führen Sie ein Weihnachtstagebuch!

Wenn Sie Ihre Erlebnisse und Aktivitäten fein säuberlich notieren, kann die Nachwelt erheblich von Ihrem Know-how profitieren. Diese Aufzeichnungen von Alfred Schwarz aus den Weihnachtstagen der Jahre 1917 und 1918 geben uns beispielsweise wertvolle Hinweise darauf, wie der Weihnachtsprofi die einzelnen Weihnachtsideen abendfüllend kombinieren kann. 

Fortgeschrittene Weihnächtlerinnen und Weihnächtler wie unser Alfred küssen sich übrigens vor dem Schlafengehen unter einem Mistelzweig. Also dann: „Mistletoe!“

Quellennachweis

 

Baumschmücken: Familien- und Firmenarchiv Wenner (W 054/74.11)

Weihnachtsbaum im Lichterglanz: Privatarchiv Familie Schlaepfer (W 054/69B.8)

Weihnachtslied: Archiv der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons St.Gallen (CA 05/02.01)

Kabarettskript: Nachlass Margaritha Schwarz-Gagg (W 291/11-1.12)

Lesebuch Sekundarschule: Lehrmittelsammlung (ZNA 01/0559)

Buchwidmung: Lehrmittelsammlung (ZNA 04/0125)

Porträt Ehepaar: Nachlass Margaritha Schwarz-Gagg (W 291/17-16.01)

Tierschutz-Urkunde: Teilnachlass Herbert Grämiger (W 275/2.11)

Urkunde Grüninger AG: Teilnachlass Herbert Grämiger (W 275/1.10)

Grammophon-Brief: Familien- und Firmenarchiv Wenner (W 054)

Schnupftabakdose: Privatarchiv Johann Joseph Müller-Troxler (W 008/44-16.1)

Weihnachtstagebuch: Familien- und Firmenarchiv Wenner (W 054)

 

Marcel Müller, Staatsarchiv St.Gallen

 

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