Beobachtungen im Vollzugsalltag zeigen, dass neben einer gelernten Bereitschaft und neben prägenden Faktoren (z.B. Erleben von Gewalt in der Ursprungsfamilie) auch vermittelte Normen und kulturelle Werte, aggressive Verhaltensmuster fördern können.
Aggressives Verhalten ist oft auch eine Folge von Überforderung verbunden mit einer Stresssituation und Frustrationserfahrung. Aggressives Verhalten kommt verbal und nonverbal zum Ausdruck.
Die Resozialisierungsarbeit im Strafvollzug zielt darauf ab, mit betroffenen Insassen, die häufig aggressive Verhaltensmuster zeigen, alternatives Verhalten zu trainieren.
Das ASBT ist ein Training zur Aggressions- und Stressbewältigung, das den spezifischen Bedürfnissen von betroffenen Insassen und den Rahmenbedingungen des Vollzugskonzepts der Strafanstalt Saxerriet entspricht. Das ASBT wird in Zusammenarbeit mit therapeutisch erfahrenen Fachleuten durchgeführt.
Das ASBT ist Bestandteil des individuellen Vollzugsplans und dient in erster Linie der Erreichung des gesetzlichen Vollzugsziels der künftigen Straffreiheit.
Ziel des Trainings
Im Training geht es um das Kennenlernen von neuem Verhalten. Zum Thema Aggressions- und Stressbewältigung sollen schädliche Verhaltensweisen (sich provozieren lassen, sich in etwas rein steigern, schlagen, usw.) erklärt und hilfreiche Reaktionen erlernt sowie ausprobiert werden. Damit soll es den Teilnehmenden in Zukunft möglich sein, mutiger, selbstsicherer und ohne Aggressionen mit stressigen Lebenssituationen umzugehen.
Die Strafanstalt hat mit den St. Gallischen Kantonalen Psychiatrischen Diensten – Sektor Nord, Wil, (KPD-SN), Fachabteilung Forensik, einen wichtigen Arbeitspartner, der primär die Grundversorgung und forensische Therapien gemäss Art. 63 StGB, d.h. die Durchführung von ambulanten deliktorientierten Behandlungen sicherstellt.
Ziel der psychiatrischen Grundversorgung ist die Erhaltung oder Wiederherstellung der psychischen Gesundheit der Insassen und die Vermeidung gesundheitlicher Schäden, welche durch den Strafvollzug ausgelöst oder mitbedingt sein könnten.
Es werden durch Fachärzte wöchentliche psychiatrische Sprechstunden durchgeführt, psychiatrische Kriseninterventionen und insbesondere deliktorientierte Therapien geleistet.
Die forensische Fachperson steht zudem für die Fachberatung der Direktion bei psychiatrischen Fragestellungen (z.B. auch bei der Erarbeitung und Überprüfung von Vollzugsplänen sowie im Rahmen von Vollzugsbesprechungen, wo es beispielsweise auch um Risikobeurteilungen geht) zur Verfügung.
Ebenso wird aus forensischer Sicht beurteilt, ob sich eine bestimmte Person für die Unterbringung im Saxerriet eignet und welche forensisch-therapeutischen Interventionen zur Verminderung des Rückfallrisikos geeignet sind.
Wir verfügen über einen internen Gesundheitsdienst, welcher als Drehscheibenfunktion für sämtliche medizinische Anliegen fungiert. Das Fachpersonal bei der medizinischen Versorgung ist nebenamtlich angestellt und an diversen Wochentagen in der Anstalt anwesend.
Nach Bedarf können Ärzte, Zahnärzte, Therapeuten, Psychiatrische Dienste, Physiotherapeuten oder Chiropraktiker beauftragt werden. Die Zuführung zu den externen Arztpraxen erfolgt durch unsere Mitarbeitende im Betreuungs- und Sicherheitsdienst.
Programm zur Individualförderung
Das Programm zur Individualförderung ist ein Beschäftigungsprogramm für ca. 8-10 Insassen, die aus gesundheitlichen oder psychosozialen Gründen den Arbeitsanforderungen im Normalvollzug nicht gerecht werden und ein Timeout benötigen. Es startete 1991 als ein von Bund mitgetragener Modellversuch. Dieser wurde vom Soziologischen Seminar der Hochschule St.Gallen wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Im August 1996 wurde das Programm definitiv in das Institutionskonzept der Strafanstalt Saxerriet übernommen.
Ziel
Die Teilnehmer sollen ihre psychische, physische und soziale Gesundheit fördern und so stärken, dass sich die Lebensqualität erhöht und der einzelne Teilnehmer seine Leistungsfähigkeit verbessern kann, damit er später ganz oder stundenweise in den Arbeitsprozess des Normalvollzuges integriert werden kann. Bei verschiedenen Tätigkeiten werden im individuellen Wochenprogramm einerseits die Feinmotorik gefördert sowie die Routine in den industriellen Arbeitsabläufen eingeübt, andererseits gilt es den „normalen“ Arbeitsalltag zu leben und zu erfahren.
Programm
Die Insassen verrichten einfache Industriearbeiten und üben kreative Tätigkeiten aus. In den gestalterischen Bereichen werden sie mit Ton, Malen, Nähen, Holz und Stein beschäftigt.
Gemeinsame Gespräche, Lebenspraktische Elemente wie Putzen, Bewegung und Förderung des Körperbewusstseins sowie Feedbackrunden sind weitere Bestandteile des Wochenablaufes.
Eintritt / Dauer
Über die Teilnahme im Programm zur Individualförderung entscheidet die Anstaltsleitung nach Rücksprache mit der Programmleitung. Der Aufenthalt dauert von einem Monat bis einem Jahr.
Obligatorium
Die Teilnehmer sind verpflichtet das vorgegebene Programm zu absolvieren. Freie Stunden während den offiziellen Arbeitszeiten werden von den Insassen in ihren Zellen verbracht.
Arbeitspartner
Die Strafanstalt Saxerriet verwendet als Arbeitspartner standardisierte Arbeitsmittel im Rahmen des Konzepts Risikoorientierter Sanktionenvollzug (ROS).
Arbeitsprozess
Aufbauend auf dem Resultat einer individuellen, fallbezogenen Abklärung, sowie einem entsprechenden Problemprofil, werden Interventionen mit dem Inhaftierten vereinbart. Gleichzeitig wird begonnen, bestehende Ressourcen zu aktivieren. Dies mündet im individuellen Vollzugs- und Massnahmenplan. Dieser bildet die Grundlage für die gemeinsame Arbeit zur Senkung des Rückfallrisikos.
Standardisierte Berichterstattung
Neben der üblichen standardisierten Berichterstattung unserer Anstalt, werden in Fällen, die nach dem ROS-Arbeitsprozess bearbeitet werden, ergänzend einige spezifische Fragen beantwortet. Diese Berichterstattung erfolgt zu festgelegten Zeitpunkten im Fallverlauf an die fallverantwortliche Person.
- den Überblick über die Angebote unserer Anstalt (Arbeit, Fort- und Weiterbildung, Freizeit usw.)
- die konkrete Planung der individuellen Vollzugsplanung (individuelle Ziele während des Vollzuges, Ausgangs- und Urlaubsplanung, Entlassungsvorbereitung)
- die Möglichkeit zur Übernahme von Eigenverantwortung (Hilfe zur Selbsthilfe)
- ein Beratungsangebot (sämtliche Fragen zur sozialen Sicherung; Umgang mit der Situation der Inhaftierung)
- Lernfelder (Vorbereitung der Entlassung, Unterstützung bei der Auswahl von Fort-und Weiterbildungsmöglichkeiten, Umgang mit individuellen Stärken und Schwächen usw.)
Wir bieten Angehörigen
- Ansprechpartner für Themen als Mitbetroffene von Inhaftierten
- Vermittlung von Hilfsangeboten
- Einzelne Projekte für Angehörige
Wie wir arbeiten
- Lösungsorientiert
- Beratend / befähigend
- Im professionellen Team
- Beachtung der Übergänge
Unser Auftrag
Im Rahmen der Inhaftierung in der Strafanstalt Saxerriet stellt das Team Sozialisation und Integration die Schnittstelle zwischen eingewiesenen Personen, der Anstalt, Angehörigen und vieler externer Vernetzungspartnern wie Justiz, Gemeinden und Fürsorgebehörden, Institutionen für Arbeitsexternate, usw. dar.
Der Sozialarbeiter / die Sozialarbeiterin trägt die interne Fallführung. Damit ist der jeweilige Sozialarbeiter der erste Ansprechpartner für den Inhaftierten in beinahe allen Belangen.
Man schätzt, dass 90 % der Menschen auf die eine oder andere Art abhängig sind. Die Spannweite reicht von einfacher Gewohnheit bis zur Abhängigkeit mit physischem und psychischem Zerstörungspotential. Die Abhängigkeit kann stoffgebunden (z.B. Alkohol, Medikamente, Drogen) oder stoffunabhängig (z.B. Arbeitssucht, Fernsehsucht, Spielsucht, Internetsucht, Kaufsucht usw.) sein.
Befindet sich eine Person in einer Suchtentwicklung, verspürt er ein unstillbares Verlangen nach dem Konsum oder nach einem bestimmten Verhalten, obwohl er sich der schädlichen Wirkung bewusst ist.
Die Suchtbehandlung in unserer Anstalt ermöglicht es betroffenen Insassen, sich mit ihrer Abhängigkeit auseinander zu setzen. Das Angebot reicht von Einzelbehandlung, über Gruppentherapie bis hin zur sogenannten Gruppe „Veritas“. Bei dieser Gruppe finden sich betroffene Insassen 3 – 4 Mal ein, um unter fachlicher Anleitung ihren Konsum aufzuarbeiten.
Oft sind unsere Insassen schon therapieerfahren. Sie haben meist negative Erfahrungen mit Suchtberatungen. Aus ihrer Sicht schaden ein Drittel aller Therapien mehr, als dass sie nützen.
Durch die Gruppe „Veritas“ können Betroffene erfahren, dass der Suchtbehandler auch hilfreich sein kann. Wissensvermittlung und Austausch in der Gruppe konfrontiert sie auf respektvolle Weise mit ihrer schwierigen Situation. Dies zeigt Wege auf, wie der Sucht wirkungsvoll entgegengetreten werden kann. Mit Rückschlägen und Konsum ist jedoch immer zu rechnen.
Behandlungsziele
- Totale Abstinenz erreichen (wenn möglich)
- Kontrollierten Umgang mit Suchtmitteln einzuüben
- Sucht besser verwalten zu lernen
- Das eigene Leben besser in den Griff bekommen
Zur Erhöhung der Chance für eine positive Legalbewährung nach der Entlassung werden in der tiergestützten Therapie gezielte Interaktionen mit den Therapie-Eseln erarbeitet. Bei dieser intensiven Beziehungs- und Persönlichkeitsarbeit verbessern Insassen ihre Beziehungsfähigkeit, stärken ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstvertrauen, steigern ihre soziale Anpassungsfähigkeit und übernehmen vermehrt Verantwortung.
Der neugierige und menschenbezogene Esel eignet sich vorzüglich als Therapietier. Aufgrund seiner Sensibilität gilt er als Delfin an Land. Er weist eine starke Persönlichkeit auf und weiss was er will. Gerne lässt er Körperkontakt zu oder sucht ihn von sich aus. Mit seiner gut lesbaren Mimik teilt er sich deutlich mit. Er ist lernfähig und schlau. Vor allem in neuen Situationen erweist er sich auch als Geduldstrainer. Mit Druck und Gewalt ist bei ihm nichts zu erreichen. Zuwendung, Strategieänderungen sowie auch Kompromissbereitschaft führen zum Erfolg.
Die Leitung des medizinisch-forensischen Dienstes meldet Insassen zur tiergestützten Therapie an. Für jeden Insassen werden individuelle Zielsetzungen formuliert. In den verschiedenen Handlungsfeldern setzt sich der Insasse mit seinen Zielen auseinander.
Die tiergestützte Therapie beruht auf der Biophilie-Hypothese. Diese formulierte These stellten Kellert und Wilson 1993 aus Sicht der Evolutionsbiologie auf. Sie besagt, dass wir Menschen aufgrund unserer Entwicklungsgeschichte und unserer Wesensverwandtschaft auf das Zusammenleben mit der Natur und der Wildnis vorbereitet sind. Ohne Möglichkeiten zu dieser Interaktion lassen wir einen Teil unserer psychischen Potentiale ungelebt und reduzieren uns selbst.
Noch offene Fragen?
Barbara Looser
lic.iur. RAin
Direktorin
Amt für Justizvollzug
Strafanstalt Saxerriet
Saxerrietstrasse 1
9465 Salez