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Publiziert am 24.03.2020 16:45 im Bereich Allgemein
Corona

Die Ausbreitung des Coronavirus und die damit einhergehende "ausserordentliche Lage" stellt viele Unternehmen und zahlreiche selbständig tätige Personen vor enorme Herausforderungen. Auf kantonaler Ebene ergänzt die St.Galler Regierung das Unterstützungsprogramm des Bundes mit einem Massnahmenpaket. Es soll insbesondere KMUs, Kulturschaffende, das Gastgewerbe und die Hotellerie sowie landwirtschaftliche Betriebe bei der Bewältigung der Krise unterstützen.

Die Situation in den Spitälern wird vielerorts als Ruhe vor dem Sturm beschrieben. Tatsächlich sind in den St.Galler Spitälern aktuell ein Grossteil der Betten frei, da nichtdringliche Eingriffe verschoben wurden. Im Hintergrund finden intensive Vorbereitungsarbeiten und Koordinationssitzungen mit allen Spitälern, Privatspitälern, der Ärztegesellschaft und weiteren Partnern statt. Auch der Zivilschutz und die Armee sind eng eingebunden. Aktuell nutzen die Spitäler die Zeit insbesondere um Personal umzuschulen, weiterzubilden oder auf den Einsatz auf den Intensivstationen vorzubereiten, um hier möglichst Engpässen vorzubeugen. An der heutigen Sitzung hat die Regierung zudem ein Konzept für den zusätzlichen Aufbau von temporären Intensivplätzen verabschiedet. Damit sollen weitere Intensivbeatmungsplätze geschaffen werden.

Unterstützung für die St.Galler Wirtschaft

Der Bundesrat hat am 20. März 2020 ein umfassendes Massnahmenpaket in der Höhe von 32 Milliarden Franken zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus beschlossen. Mit den bereits am 13. März beschlossenen Massnahmen sollen über 40 Milliarden Franken zur Verfügung stehen. Ziel der auf verschiedene Zielgruppen ausgerichteten Massnahmen ist, Entlassungen zu vermeiden, die Beschäftigung zu erhalten, Löhne zu sichern und Selbständige aufzufangen.

Die Regierung beurteilt im Grundsatz dieses Unterstützungsprogramm als nötig und wirksam und begrüsst es ausdrücklich. Sie sieht auf kantonaler Ebene mit einem Massnahmenpaket Ergänzungen vor. Dieses umfasst sechs konkrete Elemente:

-    Liquiditätshilfen für Härtefälle bei Kleinunternehmen (Kreditbeträge bis 500'000 Franken);

-    Aussetzen der Beherbergungsabgabe und der Gastwirtschaftsabgabe;

-    Aussetzen der NRP-Darlehens-Amortisationen in bestimmten Fällen;

-    Vorgezogene Auszahlungen von Direktzahlungsbeträgen bei der Landwirtschaft;

-    verschiedene Massnahmen bei der Rechnungsstellung und –begleichung der öffentlichen Hand;

-    Massnahmen im Bereich Kultur.

Liquiditätshilfen für Härtefälle

Das Paket des Bundes sieht vor, dass der Kreditbetrag bei höchstens zehn Prozent des Jahresumsatzes limitiert ist. Unter Berücksichtigung der Kurzarbeitsentschädigungen ist dies in der Regel auch angemessen. Allerdings können sich mit dieser Limite auch Härtefälle ergeben, die von den Banken nicht aufgefangen werden (zum Beispiel wenn durch die Krise auch massgeblich Aktiven vernichtet werden). Bei Härtefällen kann der Kanton die Kreditbeträge über zehn Prozent des Jahresumsatzes, allerdings bis höchstens 15 Prozent, mit einer Garantieerklärung absichern. Die Massnahme wird für Kreditbeträge bis 500'000 Franken vorgesehen. Sie wirkt subsidiär zu den Massnahmen auf Bundesebene.

Aussetzen Beherbergungsabgabe und Gastwirtschaftsabgabe

In den Jahren 2020 und 2021 werden die Beherbergungsabgabe und die Gastwirtschaftsabgabe ausgesetzt. Dazu passt die Regierung die Tourismusverordnung an. Der finanzielle Ausfall in der Tourismusrechnung beläuft sich auf zirka eine Million Franken je Jahr.

Aussetzen der NRP-Darlehens-Amortisationen

Um die Liquidität der Darlehensnehmer zu stärken, erlaubt der Bund den Kantonen, die Stundungsmöglichkeiten flexibler zu handhaben. Dadurch kann kurzfristig insbesondere auch der Bergbahnsektor unterstützt werden, da hier die Amortisationen oft nach der Wintersaison fällig sind. Auf entsprechende Gesuche wird der Kanton diese Möglichkeit wahrnehmen.

Direktzahlungsbeträge bei der Landwirtschaft

Die Auszahlung der Direktzahlungen wird vorgezogen und bereits im Mai 2020 erfolgen. Ausbezahlt werden dann 60 Prozent der Beiträge der Ganzjahresbetriebe. Das sind zirka 110 Millionen Franken.

Weitere Massnahmen

Die St.Galler Regierung beschliesst verschiedene Anpassungen bei der Rechnungsstellung und –begleichung durch die öffentliche Hand:

-    Kulanz bei Stundungsgesuchen: Der Kanton St.Gallen zeigt sich in den nächsten Monaten generell kulant, wenn sich Firmen und Personen, die sich in Liquiditätsschwierigkeiten befinden um eine Stundung ihrer Forderungen nachfragen oder um Teilzahlungen bei grösseren Aufträgen bitten.

-    Der Kanton St.Gallen setzt bis zum Ende der ausserordentlichen Lage den Versand von Mahnungen in verschiedenen Bereichen aus.

-    Betreibungs- und Fortsetzungsbegehren können durch die kantonale Verwaltung bei den Betreibungsämtern weiterhin eingereicht werden, welche diese gemäss Art. 56 SchKG aber erst nach Beendigung des Rechtsstillstandes bzw. der Betreibungsferien gegenüber den Schuldnern umsetzen. Somit erhalten die Schuldner des Kantons St.Gallen so lange Aufschub, wie es durch Bundesrecht festgelegt wird.

-    Der raschen Bearbeitung von Lieferantenrechnung ist durch die Staatsverwaltung auch in dieser ausserordentlichen Lage eine hohe Priorität einzuräumen. Das Amt für Finanzdienstleistungen wird zudem angewiesen, während den nächsten Monaten in der Buchhaltung freigegebene Rechnungen ohne Ausnützung der Zahlungsfristen auszulösen.

Massnahmen im Bereich Kultur

Die Sicherung des Kulturschaffens und der Kulturinstitutionen ist in diesen Monaten ein wichtiges gesellschaftliches Signal und dient dem Erhalt der kulturellen Vielfalt im kulturell vielgestaltigen Kanton St.Gallen. Beschlossene gesamtwirtschaftliche Massnahmen, etwa im Bereich Kurzarbeit, lösen die aktuellen Schwierigkeiten von Kulturschaffenden und
-betrieben nur ungenügend, zumal in dieser Branche bezüglich Arbeitsverhältnissen und Liquidität besondere Situationen bestehen. Deshalb spricht der Kanton 6,9 Millionen Franken für Ausfallentschädigungen im Kultursektor, in Umsetzung und Ergänzung zur «Covid-Verordnung Kultur» des Bundes. Dieser Betrag wird durch den Bund verdoppelt, so dass rund 13,8 Millionen Franken für Ausfallentschädigungen an Kulturunternehmen bzw. -institutionen und Kulturschaffende zur Verfügung stehen.

Diese Gelder sollen jeweils 80 Prozent des finanziellen Schadens decken, der Kulturschaffenden und Kulturunternehmen aus der Absage oder Verschiebung von Veranstaltungen oder Projekten bzw. aus Betriebsschliessungen entsteht. Ergänzend dazu finanziert der Bund vollumfänglich Soforthilfen für Kulturschaffende und –unternehmen sowie Finanzhilfen für Kulturvereine im Laienbereich in den Bereichen Musik und Theater (Chöre, Orchester, Theatervereine). Detailinformationen dazu sind zu finden unter:  https://www.sg.ch/kultur/kulturfoerderung/coronavirus.html

Notwendige rechtliche Anpassungen

In finanzieller Hinsicht fallen insbesondere Massnahmen im Bereich der Liquiditätshilfen ins Gewicht. Garantieerklärungen sind Eventualverbindlichkeiten und somit finanzrechtlich Ausgaben. Die Regierung limitiert diese Garantieerklärungen vorerst auf 40 Millionen Franken. Die Regierung wird hierzu eine dringliche Verordnung erlassen, die sofort angewendet werden kann. Anschliessend muss jedoch eine ordentliche gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Anzustreben ist, dass der Kantonsrat eine entsprechende Vorlage der Regierung in zwei Lesungen in der Maisession 2020 berät. Die Regierung wird dazu mit dem Präsidium des Kantonsrates das Vorgehen besprechen. Der Erlass untersteht dem obligatorischen Finanzreferendum.

Für die übrigen Massnahmen – auch jene im Bereich der Kultur – braucht es keine Parlamentsvorlagen.

Finanzierung von Massnahmen aus dem besonderen Eigenkapital

Die Regierung rechnet damit, dass die Kosten der Bewältigung der Corona-Krise auf verschiedenen Ebenen sichtbar werden. Um den finanzpolitischen Spielraum dafür zu sichern, wird sie dem Kantonsrat beantragen, den Verwendungszweck des besonderen Eigenkapitals anzupassen und diesem die Sonderausschüttung der SNB für das Jahr 2019 in der Höhe von rund 80 Millionen Franken vollumfänglich zuzuweisen. Dafür muss der Kantonsratsbeschluss über die Zuweisung eines Teils des Kantonsanteils am Erlös aus dem Verkauf von Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank an das besondere Eigenkapital (sGS 831.51) geändert werden.

Der entsprechende Nachtrag kann dem Kantonsrat in einer Sammelvorlage mit der gesetzlichen Grundlage betreffend zusätzliche Liquiditätshilfe in Härtefällen zugeleitet werden. Er untersteht dem fakultativen Gesetzesreferendum.

Allfällige Garantieleistungen, die der Kanton im Bereich der Härtefälle zu tragen hat, werden dem besonderen Eigenkapital belastet. Ebenso werden aus dem besonderen Eigenkapital die Mittel, die im Bereich Kultur zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise eingesetzt werden, finanziert.

Ausblick

Aus dem besonderen Eigenkapital lassen sich auch weitere Kosten und Ausgaben finanzieren, die im Kontext der Bewältigung der Corona-Krise für den oder im Kanton anfallen. Dazu können allenfalls auch die weiteren Mittel aus dem besonderen Eigenkapital bezogen werden. Die Regierung wird die weitere Entwicklung eng verfolgen und dem Kantonsrat zum gegebenen Zeitpunkt entsprechende Vorlagen mit Ausgabenbeschlüssen unterbreiten. Letztere unterstehen je nach Höhe der Ausgaben dem fakultativen oder obligatorischen Finanzreferendum.

Die vorstehenden Massnahmen wirken rasch. Dies kann gewährleistet werden, indem das Unterstützungsprogramm des Bundes gezielt ergänzt und die Wirkung gestärkt wird und so keine Doppelspurigkeiten geschaffen werden. Ausserdem hat die Regierung im Laufe der letzten Woche intensive Gespräche mit den Banken geführt. Diese sind entsprechend vorbereitet. Die Regierung hat vorab in einer Telefonkonferenz auch eine Delegation der Finanzkommission über dieses Massnahmenpaket informiert.

Zusätzlich ist der Kantonshaushalt wie der Bundeshaushalt und die Haushalte der St.Galler Gemeinden solide aufgestellt, um die voraussichtlichen Belastungen (Mehrausgaben, Ertragsausfälle) stemmen zu können. Mit dem Ertragsüberschuss der Staatsrechnung 2019 wird das freie Eigenkapital weiter gestärkt. Mit der Zuweisung des ausserordentlichen Ertrags der SNB von rund 80 Millionen Franken kann das besondere Eigenkapital von rund 264 auf 344 Millionen Franken erhöht werden. Der Kanton ist daher auch in der Krise weiterhin handlungsfähig.

Die Sicherheitslage im Kanton St.Gallen ist gut

Die Sicherheitsbehörden des Kantons St.Gallen dürfen feststellen, dass die Massnahmen des Bundesrates – insbesondere das Verbot von Gruppen von mehr als fünf Personen – durch die Bevölkerung des Kantons St.Gallen grösstenteils korrekt eingehalten und gut umgesetzt werden. Die Kantonspolizei leistete seit dem Inkrafttreten rund 160 Einsätze, die im Zusammenhang mit den Verordnungen des Bundesrates stehen. Die Polizei greift dabei nicht gleich zum Bussenblock oder zu Verzeigungen, sondern sucht bei Fehlverhalten das Gespräch und die Überzeugung. Dies führt denn auch dazu, dass die meisten Personen, die von der Kantonspolizei zu korrektem Verhalten ermahnt werden mussten, für die Massnahmen Verständnis zeigten und sich dann auch an die Anweisungen der Polizei hielten. Nur eine einstellige Zahl von Ordnungsbussen gegen Uneinsichtige mussten bislang ausgestellt werden.

Die Kantonspolizei St.Gallen ist personell im Moment gut aufgestellt. Sie hat ihre Präsenz im öffentlichen Raum verstärkt. Dies soll neben der objektiven Sicherheit zu einem besseren Sicherheitsgefühl – d.h. zur subjektiven Sicherheit – bei der Bevölkerung beitragen. Die Krankheitsabwesenheiten in der Kantonspolizei bewegen sich im für die Jahreszeit üblichen Rahmen. Allerdings muss auch die Kantonspolizei mit einem Anstieg der Krankheitsabsenzen im Zusammenhang mit dem Coronavirus rechnen. Solange die Krankheitsfälle nicht massiv ansteigen, ist sie gut in der Lage, die anfallenden Einsätze zu bewältigen.

Die vom Bundesrat angeordneten Massnahmen sind einschneidend, und sie beeinträchtigen nicht nur den persönlichen Komfort unser gesellschaftliches Zusammenleben, sondern auch die persönliche Freiheit. Dass die Bevölkerung des Kantons St.Gallen derart verständnisvoll und gut mit diesen Einschränkungen umgeht, verdient einen grossen Dank. Es sind – worauf auch die Bundesbehörden in ihren Medienkonferenzen immer wieder hinweisen – nicht die Vorschriften und nicht deren Kontrolle und Strafandrohungen, sondern es ist das Verhalten von uns allen im öffentlichen und im privaten Raum, das die Ausbreitung des Coronavirus bremsen kann.