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Publiziert am 28.01.2022 08:00 im Bereich Datenschutz

Die Verhältnismässigkeit – eine oft vergessene Voraussetzung bei der rechtmässigen Bearbeitung von Personendaten.
Ein Beitrag anlässlich des Europäischen Datenschutztages vom 28. Januar.

Genügt eine Rechtsgrundlage, damit das öffentliche Organ Personendaten rechtmässig bearbeiten kann? Das ist nicht der Fall. Die Beratungstätigkeit der Fachstelle für Datenschutz hat gezeigt, dass sich öffentliche Organe dessen teilweise nicht bewusst sind. Grund genug, die Verhältnismässigkeit etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

 

Ein Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung muss verhältnismässig sein

Die kantonale Verwaltung bearbeitet jeden Tag zahlreiche, auch besonders schützenswerte Personendaten. Jede dieser Bearbeitungen stellt einen Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger dar. Danach kann jede Person selbst bestimmen, wem und weshalb sie persönliche Daten offenbart. Ein solcher Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist nur dann rechtmässig, wenn er sich auf eine genügende Rechtsgrundlage abstützt, im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist. Diese Anforderungen müssen alle zusammen erfüllt sein.

 

Zumutbarkeit prüfen

Bei vielen Beratungen ist die Abklärung der Verhältnismässigkeit ein zentraler Punkt. Geklärt werden muss, ob eine staatliche Massnahme geeignet, erforderlich und zumutbar ist. Die kantonale Verwaltung darf also nur dann Personendaten bearbeiten, wenn die Daten geeignet und im geplanten Umfang überhaupt nötig sind, um die gesetzliche Aufgabe zu erfüllen. Zudem müssen die staatlichen Massnahmen für die betroffene Person zumutbar sein. Kann eine Aufgabe auch erfüllt werden, ohne dass Personendaten bearbeitet werden, muss darauf verzichtet werden.

 

Praxisbeispiel: Daten für das Gesundheitsverhalten von Schülerinnen und Schülern

Eine kantonale Stelle benötigt Angaben von Schülerinnen und Schüler. Sie möchte damit die Frage klären, wie gesund sich die Schülerinnen und Schüler in der Schule verhalten. Dafür braucht es keine Personendaten, eine anonymisierte Auskunft genügt. Personendaten müssen dafür nicht bearbeitet werden.

 

Praxisbeispiel: Voraussetzungen für die weitere Aufbewahrung von Bewerbungsunterlagen

Bei Bewerbungsunterlagen stellte sich die Frage nach deren weiteren Aufbewahrung, nachdem die Person angestellt wurde. Mit den Bewerbungsunterlagen soll die potentielle Arbeitgeberin davon überzeugt werden, dass die Bewerberin oder der Bewerber die richtige Person für die freie Stelle ist. Unterlagen wie z.B. Arbeitszeugnisse, Referenzen oder Motivationsschreiben sind für die weitere Beschäftigung nicht mehr nötig. Hingegen kann es erforderlich sein, Diplome oder Ausbildungsnachweise aufzubewahren, da sie für die Lohneinstufung relevant sein können. Massgeblich ist also, welche Unterlagen des Bewerbungsdossiers für die Fortführung des individuellen Arbeitsverhältnisses noch benötigt werden.

 

Praxisbeispiel: Bei Online-Beratungen immer die datensparsamste Möglichkeit wählen

Während der Pandemie waren und sind Online-Beratungen ein grosses Thema. Dabei muss die kantonale Stelle immer prüfen, ob es für die Beratung eine Videokonferenz braucht, oder ob eine Telefonkonferenz ausreicht. Es muss immer die datensparsamste Variante gewählt werden. Weil damit nur die Beratung vor Ort ersetzt wird, braucht es i.d.R. auch keine Aufzeichnung des Gesprächs. Ausserdem muss die Person, die beraten wird, vor dem Gespräch die Möglichkeit haben, persönliche Gegenstände zu entfernen.

 

Vertrauen stärken

Alle öffentlichen Organe sind verpflichtet, bei jeder Datenbearbeitung zu prüfen, ob sie verhältnismässig ist, oder nicht. Eine sorgfältige Interessenabwägung stärkt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die kantonale Verwaltung. Bei Fragen steht die Fachstelle für Datenschutz gerne beratend zur Seite.