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Publiziert am 28.11.2023 15:59 im Bereich Beschaffungswesen

Das Bundesgericht gibt die in BGE 137 II 313 begründete Microsoft-Rechtsprechung auf, die Anbieterinnen von alternativen Leistungen auferlegt hatte, die funktionale und wirtschaftliche Gleichwertigkeit ihrer Leistung zu beweisen. Die Vergabestelle, die einen Auftrag gestützt auf Art. 21 Abs. 2 Bst. c IVöB freihändig vergeben will, weil aus technischen Gründen nur eine Anbieterin in Frage komme, muss sich mit auf dem Markt angebotenen Alternativen eingehend auseinandersetzen und beweisen, dass keine alternative Leistungen ihre Bedürfnisse in funktionaler und wirtschaftlicher Hinsicht zu befriedigen vermag. Dass eine Alternative von tieferer Qualität oder in der Umsetzung erheblich teurer wäre, ist für die Begründung der freihändigen Vergabe ohne Belang. Dies ist erst im Rahmen eines offenen Vergabeverfahrens zu ermitteln.

Im französischsprachigen, zur Publikation als BGE vorgesehenen Entscheid 2C_50/2022 vom 7. November 2023 in einem Waadtländer Fall gibt das Bundesgericht die Microsoft-Rechtsprechung teilweise wieder auf und erhöht damit die Hürde für eine freihändige Vergabe aus technischen Gründen. Der Kanton VD hatte den Auftrag für die Totalerneuerung einer Software für das Strassenverkehrsamt und die weitere Zusammenarbeit 2022 bis 2034 mit einem Volumen von rund 46 Mio. Franken an die bisherige Anbieterin vergeben und den Zuschlag ohne Begründung publiziert. Erst auf Anfrage einer Konkurrentin wurde begründet, ein Wechsel sei aus technischen und wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen (von SaaS zurück zu on premise, Anpassung der Prozesse und Schnittstellen, 35% Mehrkosten). Das Kantonsgericht hob den Zuschlag auf und wies die Verwaltung an, ein ordentliches Vergabeverfahren durchzuführen. Dagegen wiederum gelangte die Zuschlagsempfängerin ans Bundesgericht, das die Beschwerde abweist.