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Publiziert am 01.09.2023 09:00 im Bereich Allgemein
Symbolbild Geld; Taschenrechner und Tabelle mit Zahlen und Kugelschreiber

Die Regierungen der Kantone St.Gallen, Thurgau und Appenzell Ausserrhoden sprechen sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen die Einführung von kantonalen Mindestlöhnen aus. Damit wäre die sozialpartnerschaftliche Tradition der Schweiz gefährdet. Die Regierungen antworten mit der Stellungnahme auf die Petition «Ein Mindestlohn für die Ostschweiz», die einen Stundenlohn von mindestens 23 Franken fordert.

Die Regierungen der Kantone St.Gallen, Thurgau und Appenzell Ausserrhoden sind gegen kantonale Mindestlöhne. Damit würde man die sozialpartnerschaftliche Tradition der Schweiz aufs Spiel setzen. Denn in der Schweiz haben sich starke Sozialpartnerschaften bewährt. Dank ihnen sind branchenspezifische Lösungen unter Einbindung aller Interessengruppen möglich. Wo sinnvoll, gibt es heute bereits Mindestlöhne durch allgemein verbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge sowie Normalarbeitsverträge. Zudem gelten in diversen Branchen Gesamtarbeitsverträge mit nicht bindenden Lohnempfehlungen.

Die drei Kantonsregierungen erachten einen kantonalen Mindestlohn zudem als ungeeignet, um Armut wirksam zu bekämpfen. Die meisten Armutsbetroffenen sind nicht oder nur Teilzeit erwerbstätig. Sie profitieren kaum von einem höheren Mindestlohn. Auch befürchten die Regierungen, dass ein Mindestlohn Unternehmen abschreckt, Jobs für Berufseinsteigerinnen und Wiedereinsteiger, Teilzeitangestellte, Personen ohne ausreichende Ausbildung und Menschen mit Beeinträchtigungen zu schaffen.

Ostschweizer Stimmbevölkerung bisher skeptisch

Die drei Kantonsregierungen verweisen in ihrem gemeinsamen Schreiben auch auf den aktuellen Arbeits- und Fachkräftemangel. Diese Situation dürfte sich positiv auf die Lohnentwicklung auswirken, gerade in Branchen, in denen dringend nach neuen Arbeitskräften gesucht wird wie etwa in der Gastronomie oder im Baugewerbe.

Politische Anläufe, flächendeckend Mindestlöhne einzuführen, waren in der jüngeren Vergangenheit chancenlos. Auf nationaler Ebene wurden die «1:12 Initiative – Für gerechte Löhne» und die Mindestlohn-Initiative deutlich abgelehnt, wobei das Nein in den Ostschweizer Kantonen besonders wuchtig ausgefallen war. Zudem sieht ein Grossteil der Wirtschaft die Einführung eines kantonalen Mindestlohns kritisch, wie aus den Positionen von zahlreichen Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden ersichtlich wird. Die Regierungen sehen auch vor diesem Hintergrund keinen Anlass für ein solches Vorhaben.

Die Petition «Ein Mindestlohn für die Ostschweiz» wurde im Juni 2023 mit insgesamt 1'736 Unterschriften bei den Regierungen der Kantone St.Gallen, Thurgau und Appenzell Ausserrhoden eingereicht. Hinter dem Anliegen steht ein Komitee aus Gewerkschaften, Personalverbänden, politischen Parteien und weiteren Organisationen.