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Publiziert am 26.04.2023 14:00 im Bereich Allgemein
Symbolbild: Flüchtlinge während des 2. Weltkrieges

Die Pläne für ein Schweizer Memorial für die Opfer des Nationalsozialismus konkretisieren sich. In der Stadt Bern soll der vorgesehene zentrale Erinnerungsort erstellt werden. Ebenfalls plant der Bund im Rheintal in Zusammenarbeit mit dem Kanton St.Gallen und dem Jüdischen Museum Hohenems neue Angebote zur Vermittlung der historischen Ereignisse an der Landesgrenze.

Seit Sommer 2022 führt das Departement des Innern des Kantons St.Gallen mit dem Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) Gespräche für die Realisierung eines Teils des geplanten Memorials des Bundes für die Opfer des Nationalsozialismus. Das Rheintal war insbesondere nach dem sogenannten Anschluss Österreichs Schauplatz dramatischer Ereignisse im Zusammenhang mit geglückten und gescheiterten Fluchten von Frauen, Männern und Kindern vor dem Terror des Nationalsozialismus. Die Landesgrenze am Rhein bildet einen Erinnerungsort für die Schweizer Flüchtlingsgeschichte, mit engem Bezug zum Fall des St.Galler Polizeikommandanten Paul Grüninger. Dieser rettete mehrere hundert jüdische und andere Flüchtlinge vor der Verfolgung und dem Holocaust.

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung von heute entschieden, die Planung und Realisierung eines solchen Vorhabens im Rheintal in Zusammenarbeit mit dem Kanton St.Gallen anzugehen. Die Regierung des Kantons St.Gallen unterstützt den mit diesem Vorhaben geplanten Umgang mit der Vergangenheit, zumal die Flüchtlingsgeschichte im Rheintal mit der Schweizer Erinnerung an den Holocaust untrennbar verbunden ist.

Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Hohenems

Von Fluchtbewegungen war die Landesgrenze im Rheintal auf ihrer ganzen Länge betroffen. Ein Schwerpunkt der Ereignisse ergab sich im Raum Diepoldsau. Durch ein neuartiges Ausstellungs- und Vermittlungskonzept soll Besucherinnen und Besuchern das Geschehen und seine Bedeutung vermittelt werden.

Aufgrund der Expertise und der Nähe soll die Entwicklung und der Betrieb dieser Ausstellungselemente durch das Jüdische Museum Hohenems erfolgen, das seine Bereitschaft dazu bereits mitgeteilt hat. Der Kanton will nun die Idee gemeinsam mit Expertinnen und Experten und weiteren Partnerinnen und Partnern wie dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG), der Paul-Grüninger-Stiftung, dem Land Vorarlberg, dem Land Liechtenstein und den Standortgemeinden weiterentwickeln.

Grenzüberschreitender Charakter

Auch wenn sich das Vorhaben als Teil des Memorials des Bundes für die Opfer des Nationalsozialismus versteht, wird es einen grenzüberschreitenden Charakter haben und auch eine Vernetzung mit anderen Orten ermöglichen. Das Ausstellungsformat soll über die Region hinaus Menschen und insbesondere auch Schulklassen einen niederschwelligen Zugang zu den Ereignissen und Schicksalen bieten – und das mit unmittelbarem Bezug zur Landschaft am Alten Rhein.

Das Jüdische Museum Hohenems hat mit dem Radweg «Über die Grenze» in den letzten Jahren bereits ein Format für die Vermittlung von Fluchtgeschichten realisiert, das international Beachtung findet und das der Kanton St.Gallen unterstützt. Ein zentraler Vermittlungsort im Raum Diepoldsau wird eine stärkere Breitenwirkung und weitere attraktive Formate ermöglichen. Zudem werden Besucherinnen und Besucher während ihres Aufenthalts in der Region die Möglichkeit haben, in Hohenems im bestehenden Museum und in den Bauten der ehemaligen jüdischen Gemeinde auch andere Aspekte der jüdischen Geschichte und Kultur zu erfahren.

Schweizer Parlament hat sich für Memorial ausgesprochen
Das Konzept des Memorials für die Opfer des Nationalsozialismus des Bundes wurde vom Schweizer Parlament im Rahmen von zwei Motionen im Grundsatz beschlossen. Es umfasst die Aspekte «erinnern – vermitteln – vernetzen». Dem Aspekt der «Erinnerung» soll gemäss dem Entscheid des Bundesrates mit einem Mahnmal mit Vermittlungselementen in der Stadt Bern entsprochen werden. Die Bereiche Vernetzung und Vermittlung wären Inhalt des Angebots im Rheintal.