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Publiziert am 02.09.2022 09:00 im Bereich Allgemein
Lehrer

Das Bildungsdepartement hat bei den 92 Schulträgern des Kantons St.Gallen zwei Umfragen zu offenen Stellen für Lehrpersonen durchgeführt. Die Auswertungen bestätigen: Die Stellenbesetzung ist anspruchsvoll. Der Lehrberuf leidet unter akutem Fachkräftemangel, wobei berufsspezifische Ursachen wirken. Eine Arbeitsgruppe erarbeitet deshalb mittel- und langfristige Massnahmen.

Die erste Umfrage zu den offenen Stellen für Lehrpersonen bei den 92 Schulträgern im Kanton führte das Bildungsdepartement vor den Sommerferien durch. 87 Schulen gaben an, dass sie für das Schuljahr 2022/23 offene Stellen zu besetzen hatten. 24 Schulträger konnten bis zum 30. Juni 2022 noch nicht alle ihre offenen Stellen besetzen. Zu jenem Zeitpunkt wurden im Kanton St.Gallen noch 58 Lehrpersonen für gesamt 807 Lektionen gesucht, was 29 Vollzeitstellen entspricht. 0,6 Prozent aller Vollzeitstellen waren somit vor der Sommerpause noch nicht besetzt.

Vakanzen im letzten Moment überbrückt

In der zweiten Befragung nach den Sommerferien meldeten nur noch zwei Schulträger, dass sie per 19. August 2022 je eine Stelle nicht hatten besetzen können: die Stelle einer schulischen Heilpädagogin und einer Lehrperson für Deutsch als Zweitsprache. Die Lage hat sich damit unmittelbar vor dem Schulstart im Vergleich zum Stand vor den Sommerferien entschärft. Dennoch ist damit zu rechnen, dass die Besetzung aller offenen Stellen auch auf das nächste Schuljahr anspruchsvoll bleibt.

Bildungsrat setzt Arbeitsgruppe ein

Das Personalwesen liegt auf Stufe Volksschule grundsätzlich in der Zuständigkeit der Schulträger als Arbeitgeber der Lehrpersonen. Trotz guter kantonaler Rahmenbedingungen und vielfältiger Unterstützungsangebote ist für diese die Rekrutierung herausfordernd. Deshalb hat der Bildungsrat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der verschiedene Institutionen und Verbände vertreten sind. Diese soll – unter Berücksichtigung der bestehenden Unterstützungsleistungen – die Lage vertieft analysieren und geeignete mittel- und langfristige Massnahmen vorschlagen.

Pensionierte und Nichtdiplomierte im Einsatz

Entsprechende Massnahmen können noch nicht auf Beginn des Schuljahres 2022/23 greifen. Als kurzfristige Massnahme hat das Amt für Volksschule alle Lehrpersonen, die in den vergangenen drei Jahren pensioniert wurden, angefragt, ob sie sich einen befristeten Wiedereinstieg vorstellen könnten. Gut 30 Lehrpersonen diverser Stufen und Funktionen haben sich bereit erklärt, bei Bedarf nochmals zu unterrichten.

Das kantonale Personalrecht erlaubt den Schulträgern zudem seit jeher, vorübergehend nicht formell qualifiziertes Personal anzustellen, wenn es die Situation erfordert. 37 Schulträger haben summiert über beide Umfragen im Juni 2022 und August 2022 angegeben, dass sie insgesamt 133 Stellen mit Lehrpersonen ohne stufengerechtes Lehrdiplom besetzt haben.

Massnahmen in der Ausbildung

Auch die Pädagogische Hochschule St.Gallen (PHSG) engagiert sich, um die Personalsituation in den Schulen zu entschärfen. Ein neuer Pilot-Studiengang «Berufsintegriertes Studium» für angehende Lehrpersonen der Kindergarten- und Primarstufe startet im Herbst 2022. In diesem arbeiten Studierende bereits ab dem fünften Semester parallel zu ihrem Studium an einer Schule. Damit haben sie die Möglichkeit, Praxis und Theorie noch stärker miteinander zu verknüpfen. Ein ähnlicher Studiengang wurde bereits für angehende Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I lanciert. Zudem können bestimmte Studiengänge auch als Teilzeitstudium absolviert werden.

Die PHSG zählte im vergangenen Jahr insgesamt so viele Studierende auf der Kindergarten- und Primarstufe sowie der Sekundarstufe I wie nie zuvor. Im laufenden Jahr bewegen sich die Zahlen in einem ähnlichen Rahmen. Die Studierenden stehen den Schulen im Rahmen ihrer Praxiseinsätze schon vor dem Diplomabschluss zur Verfügung. Auch wenn die künftigen Lehrpersonen erst mittelfristig vollständig ausgebildet auf den Stellenmarkt kommen, stimmt diese Situation zuversichtlich.

Die Ursachen des Engpasses sind vielschichtig

Schülerinnen- und Schülerzahlen steigen an; gleichzeitig werden viele Lehrpersonen der früheren geburtenstarken Jahrgänge pensioniert. Zudem ist der Lehrpersonenmangel auch Teil des gegenwärtig herrschenden Fachkräftemangels in allen Berufssparten. Hinzu kommt, dass viele Lehrpersonen ihren Beruf aufgrund der optimalen Vereinbarkeit von Familie und Beruf wählen – der Anteil teilzeitbeschäftigter Lehrpersonen ist in vielen Stufen und Fachbereichen entsprechend hoch. Alle diese Faktoren führen dazu, dass die Rekrutierungssituation trotz genügend hoher Studierendenzahlen für die Schulträger angespannt ist.