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Publiziert am 08.02.2021 13:58 im Bereich Allgemein
die vier Preisträgerinnen

Die letzten zwei Preisverleihungen der St.Gallischen Kulturstiftung konnten coronabedingt nicht vor Ort über die Bühnen gebracht werden. An der nächsten Verleihung vom 10. Juni 2021 in Rorschach können die neu gekürten vier Preisträgerinnen hoffentlich wieder feierlich und mit Publikum gewürdigt werden. Es sind dies Julia Kubik und Claudia Schildknecht, welche je einen Förderpreis entgegennehmen, sowie Katja Schenker und Bertha Thurnherr, welche je einen Aner-kennungspreis erhalten werden.

Ein Anerkennungspreis erhält die St.Galler Künstlerin Katja Schenker. Seit gut 20 Jahren entwickelt die 1968 in St.Gallen geborene Performerin und Künstlerin ihr vielfältiges und anmutiges Werk. Insbesondere als Performerin hat sie sich über viele Jahre ein Werk geschaffen, das zu den interessantesten und eigenwilligsten der Schweiz gehört. Ihre Performences sind so von körperlicher und konzeptioneller Dringlichkeit und gleichzeitig vom Entstehen lassen geprägt, dass sich auch die Zuschauerinnen und Zuschauer diesem Prozess nicht entziehen können. Katja Schenker entwickelt auf der Basis von unterschiedlichsten Materialien und Räumen Energien und Spannungsfelder, denen sie sich physisch wie psychisch aussetzt. Durch Umwickeln, Zerreissen, Ziehen und Zerschneiden und andere Tätigkeiten transformiert sie Materialien und Gegenstände in andere Zustände und Formen.

Katja Schenker tritt seit 1999 als bildende Künstlerin und Performerin auf. Dabei nutzt sie viele Ausdrucksformen wie Zeichnungen, Skulpturen, Installationen, Performance sowie Video und Fotografie für ihr künstlerisches Schaffen. Sie hat mehrere beeindruckende Kunst-am-Bau Projekte im öffentlichen Raum realisiert. Die St.Gallerin lebt und arbeitet in Zürich, hat dreimal den renommierten Swiss Art Award sowie zahlreiche Stipendien erhalten. 2015 ist sie mit dem Performancepreis Schweiz ausgezeichnet worden. Sie gehört zu den bekanntesten Schweizer Künstlerinnen ihrer Generation.

Ein weiterer Anerkennungspreis für die Geschichtensammlerin Berta Thurnherr

Der Kanton St.Gallen zeichnet sich durch Vielseitigkeit aus. Das gilt auch für seine «Dialekt-Landschaften». Eine eigenwillige Mundart wird in Diepoldsau gesprochen. Ein feinfühliger Umgang mit dieser rauen Sprache einerseits und eine Fülle von Geschichten «kleiner» Leute anderseits prägen das Schaffen von Berta Thurnherr. Seit bald 40 Jahren sammelt sie Geschichten aus ihrem Dorf. Sie lässt Frauen und Männer erzählen – gerade auch solche, die in der Öffentlichkeit kaum zu Wort gekommen sind.

Berta Thurnherr ist gleichermassen Geschichtensammlerin, Geschichtenerzählerin und Mundartwortspielerin. Ihre Geschichten verknüpfen Altes mit Neuem, Wichtiges mit Nebensächlichem. Sie erzählt ihre Geschichten unprätentiös. Es ist kein Lobgesang auf die Mundart, sondern ein ganz selbstverständliches «Brauchen» dieser Sprache, auch ein Ausloten der Mundart. Sie spielt mit den feinen Nuancen und dies nicht einfach im Sinne eines Konservierens des Dialektes, sondern um ihrem Anspruch gerecht zu werden, nämlich der Geschichte «ihrer» kleinen Leute die passende Form zu geben.

Mit grosser Sorgfalt hat sie Tonbandgeschichten transkribiert. So entstand unter anderem das Buch «As wöart schù wööara, ma tuat wamma kaa». CDs begleiten ihre Publikationen. Über 400 Lesungen hat die Botschafterin des Diepoldsauer Dialekts bis heute im In- und Ausland bestritten. Ihr Werk hat eine Ausstrahlung weit über das Rheintal hinaus. Nun wird sie mit einem Anerkennungspreis der St.Gallischen Kulturstiftung gewürdigt.

Förderpreise für Julia Kubik und Claudia Schildknecht

Einen der zwei Förderpreise erhält die Künstlerin Julia Kubik. Sie wurde 1994 in Buchs geboren und ist in St.Gallen aufgewachsen, wo sie noch immer wohnt und aktiv ist. Nach dem Besuch des Vorkurses an der Kunstschule in Liechtenstein absolvierte sie ein Praktikum bei der internationalen Opernwerkstatt im Schloss Werdenberg. Nach Abbruch ihrer Buchhändlerlehre folgten verschiedene Auftritte als Slam Poetin, bei denen sie ihr Talent entdeckte, das Publikum mit Wort und Witz zu begeistern. Ausserdem absolvierte sie eine Ausbildung als Grafikerin an der Schule für Gestaltung in St.Gallen. Aktuell arbeitet sie als Comiczeichnerin fürs Kulturmagazin «Saiten» sowie als freischaffende Autorin und Grafikerin.

Mit ihren Comics gelingt es Julia Kubik, durch hintersinnige Beobachtungen lokale Milieustudien zwischen Fiktion und Realität festzuhalten. In ihren filigranen schwarz-weissen Comics skizziert sie meist das Absurde im menschlichen Verhalten, das meist so banal wie skurril wirkt und zum Nachdenken oder leisem Lachen anregt. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch genaue und poetische Alltagsbeobachtungen und feinsinnigen Humor aus. Ob Poetry Slam, Texte oder Comics, Julia Kubiks Schaffen ist einzigartig und für das Ostschweizer Kulturleben eine grosse Bereicherung.

Der zweite Förderpreis geht an die Fotografin und Kulturvermittlerin Claudia Schildknecht. Sie hat ihre künstlerische Ausbildung in St.Gallen und an der Kunst- und Designschule Luzern absolviert. Seit 2016 ist sie als selbständige Fotografin und als freischaffende Künstlerin tätig. Daneben engagiert sie sich als Kunstvermittlerin und Mitinitiantin für die zwei Kunstkollektive «Haus zur Ameise» in St.Gallen und «Kulturkonsumenten» in Luzern.

Claudia Schildknecht, die sich selbst als Aktivistin bezeichnet, befasst sich in ihrem fotografisch-künstlerischen Schaffen mit gesellschaftskritischen Themen wie dem Elfenbeinhandel in Malawi, Alternativlösungen in der Schweizer Landwirtschaft und dem Korallensterben in der südlichen Hemisphäre. In ihrem Ausstellungsprojekt How we might be zum Beispiel thematisierte sie den globalen Wildtierhandel und die daraus resultierende Zerstörung der Lebensräume. Zu sehen waren ihre Fotoarbeiten unter anderem in der Kunsthalle Luzern. Im Frühjahr 2020 wurde die 30-jährige Fotografin bereits mit dem zweiten Preis des Swiss Press Photo Award in der Kategorie «Ausland» ausgezeichnet.

St.Gallische Kulturstiftung

Die St.Gallische Kulturstiftung zeichnet mit der Vergabe von Förder-, Anerkennungs- und Kulturpreisen besondere Leistungen aus. Dabei legt der Stiftungsrat Wert auf die Berücksichtigung verschiedener Regionen und Themen. Das Spektrum reicht vom Brauchtum bis zur Wissenschaft, von der bildenden Kunst bis zum Naturschutz. Neben diesen jährlich vergebenen Preisen wird alle drei Jahre der «Grosse Kulturpreis der St.Gallischen Kulturstiftung» verliehen. Dies war im Dezember 2019 mit dem Preisträger Martin Schläpfer, Choreograf, Ballettdirektor und Tänzer, der Fall.

Seit Juni 2020 setzt sich der Stiftungsrat der St.Gallischen Kulturstiftung wie folgt zusammen: Barbara Schlumpf, Uznach (Präsidentin), Regierungsrätin Laura Bucher, St.Margrethen (Vizepräsidentin), Adrian Scherrer, Grabs (Vizepräsident), Hans Bärtsch, Mels, Thomas Birri, Berg, Meinrad Gschwend, Altstätten, Nina Keel, St.Gallen, Claudia Reeb, St.Gallen, Katrin Schulthess, Grabs, Christian Spoerlé, Ebnat-Kappel, Brigitte Wiederkehr, St.Gallen, sowie Katrin Meier, Leiterin Amt für Kultur, mit beratender Stimme.