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Publiziert am 06.01.2021 09:00 im Bereich Allgemein
Symbolbild Finanzen

Die Regierung hat den Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 verabschiedet. Die finanzielle Lage wird in den nächsten Jahren schlechter sein als in der jüngsten Vergangenheit. Grund dafür sind insbesondere der konjunkturelle Einbruch der Gesamtwirtschaft im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, die finanziellen Effekte der Steuerreform, die Reformen beim Bundesfinanzausgleich sowie verschiedene aufwandseitige Effekte. Die Regierung lanciert deshalb ein Projekt, um ein nachhaltiges Haushaltsgleichgewicht zu erreichen.

Im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) weist die Regierung jeweils aus, mit welchen Aufwendungen und Erträgen sie für die bestehenden Staatsaufgaben rechnet und welches die finanziellen Folgen der geplanten Gesetzes- und Grossvorhaben sind. Der Aufgaben- und Finanzplan dient der Regierung und dem Kantonsrat als finanzpolitisches Planungsinstrument. Der von der Regierung verabschiedete Aufgaben- und Finanzplan für die Jahre 2022 bis 2024 weist Defizite in der Höhe von rund 190 Millionen Franken für das Jahr 2022, 155 Millionen für das Jahr 2023 sowie rund 128 Millionen Franken für das Jahr 2024 aus. Klammert man die Bezüge aus dem besonderen Eigenkapital aus, rechnet die Regierung mit operativen Defiziten von 220,9 Millionen Franken (2022), 186,0 Millionen Franken (2023) und 159 Millionen Franken (2024).

Diesen Berechnungen liegen Steuererträge zugrunde, die auf einem unveränderten Staatssteuerfuss von 115 Prozent basieren. Weiter hat die Regierung jährliche Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von rund 80 Millionen Franken berücksichtigt. Für individuelle Lohnmassnahmen und den strukturellen Personalbedarf ist gemäss der Vorgabe des Kantonsrates eine Pauschale von jährlich 0,6 Prozent enthalten. In allen drei Planjahren sind schliesslich Bezüge aus dem besonderen Eigenkapital von je 30,6 Millionen Franken eingeplant.

Wachstumsdynamik der Staatsbeiträge hält an

Bei den Staatsbeiträgen hält die hohe Dynamik unverändert an. Sie nehmen jährlich um 1,7 Prozent zu. Der Anstieg bis ins Planjahr 2024 beläuft sich auf knapp 125 Millionen Franken. Zieht man die Beiträge von Bund, Kantonen und Gemeinden ab, liegt der Anstieg der Staatsbeiträge netto bei 94,8 Millionen Franken. Die Hauptgründe für diesen Anstieg liegen in der Zunahme der Beiträge für inner- und ausserkantonale Hospitalisationen, an den höheren individuellen Prämienverbilligungen, der Zunahme der Ergänzungsleistungen, der Beiträge an Behinderteninstitutionen sowie der Beiträge an die Universität St.Gallen und an die Fachhochschulen. Zudem bewegt sich auch der Abschreibungsaufwand aufgrund der beschlossenen Hochbauvorhaben weiterhin auf hohem Niveau.

Wirtschaftliche Erholung führt zu Rückgang der Staatsquote

Aufgrund des wirtschaftlichen Einbruchs im Jahr 2020 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie geht die Regierung im Budget 2021 insgesamt von einem Anstieg der Staatsquote aus. In den Jahren 2022 bis 2024 liegt das durchschnittliche jährliche Wachstum des bereinigten Aufwands bei 0,8 Prozent. Das Staatssekretariat für Wirtschaft sowie die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich gehen für die Jahre 2021 und 2022 von BIP-Wachstumsraten im Bereich von 3 Prozent aus. Da das bereinigte Aufwandwachstum für den Planungszeitraum 2022 bis 2024 unter dem prognostizierten Wirtschaftswachstum liegt, kann somit von einer rückläufigen Staatsquote ausgegangen werden. Die Unsicherheiten bezüglich der konjunkturellen Entwicklung bleiben jedoch ausserordentlich hoch.

Erholung bei den Steuererträgen

Nachdem die Steuererträge im Budget 2021 aufgrund der Corona-Pandemie und der vollständig wirkenden finanziellen Effekte aus der Umsetzung der Steuerreform stark gesunken sind, geht die Regierung für den Planungszeitraum 2022 bis 2024 gemäss den aktuellen Konjunkturprognosen von einer gewissen Erholung aus. Über alle Steuerarten rechnet sie in der Finanzplanung 2022-2024 mit einem Anstieg der Nettosteuererträge von durchschnittlich 3,7 Prozent pro Jahr. Dieser Effekt wird im Rückgang der prognostizierten Defizite bis ins Planjahr 2024 gut ersichtlich.

Nettoinvestitionen mit Sondereffekt im 2022

Die Nettoinvestitionen steigen im Planjahr 2022 um rund 40 Millionen Franken an und reduzieren sich danach bis 2024 wieder auf rund 284 Millionen Franken, was im Bereich des Budgets 2021 liegt. Der Zunahme bei den Hochbauten stehen tiefere Nettoinvestitionen bei den technischen Einrichtungen, den Investitionsbeiträgen sowie dem Strassenbau gegenüber. Im Planjahr 2022 sind die Effekte der Sanierung der Spitalverbunde 2 und 4 gemäss der vom Kantonsrat verabschiedeten Spitalvorlage enthalten.

Rasche Reduktion des Eigenkapitals

Nach der Erhöhung des Eigenkapitals mit dem positiven Ergebnis 2019 und dem mutmasslichen Ertragsüberschuss 2020 verfügt der Kanton St.Gallen per Ende 2020 über eine robuste Eigenkapitalbasis. Unter Berücksichtigung der budgetierten und geplanten Ergebnisse 2021 bis 2024 kommt das verwendbare Eigenkapital bis ins Planjahr 2024 gemäss heutigem Kenntnisstand und ohne Berücksichtigung des Projektes Haushaltsgleichgewicht auf 540 Millionen Franken zu liegen. Die Ergebnisentwicklung 2021 bis 2024 zeigt damit deutlich, dass sich das Eigenkapital ohne entsprechende Massnahmen sehr rasch reduziert. Dabei dürfen auch die bilanziellen Risiken nicht ausser Acht gelassen werden. Zentral ist dabei die Frage der Werthaltigkeit der Beteiligungen und Darlehen der Spitalverbunde.

Projekt zur Beseitigung des strukturellen Defizits

Trotz der konjunkturellen Erholung und damit höherer Steuererträge wird im vorliegenden Aufgaben- und Finanzplan 2022 bis 2024 ersichtlich, dass im Kantonshaushalt insbesondere auch strukturelle Effekte für die Defizite verantwortlich sind. Eine abschliessende Abschätzung der Höhe des strukturellen Defizites ist zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer möglich. Dies aufgrund der grossen Unsicherheiten sowie der Chancen und Risiken im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, der Steuerreform, der Gewinnausschüttung der SNB, dem Systemwechsel beim Bundesfinanzausgleich, der Prämienverbilligungsinitiative und der Werthaltigkeitsbeurteilung der Beteiligungen und Darlehen der Spitäler.

Aus Sicht der Regierung steht jedoch ausser Frage, dass sich die strukturellen Defizite nicht dauerhaft aus dem besonderen und freien Eigenkapital finanzieren lassen und deshalb Handlungsbedarf besteht. Aus diesem Grund lanciert sie ein Projekt, mit dem sie das geschätzte strukturelle Defizit in der Grössenordnung von 120 bis 160 Millionen Franken beseitigen will. Sie möchte dabei etappenweise vorgehen. Das gewährleistet die nötige Flexibilität und sie kann damit der konjunkturellen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie den Chancen und Risiken entsprechend Rechnung tragen. Die Regierung wird den Projektauftrag in den nächsten Wochen verabschieden.