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Publiziert am 21.04.2020 14:53 im Bereich Allgemein
Symbolbild

Die Regierung des Kantons St.Gallen hat an ihrer heutigen Sitzung die Lockerungs-Strategie des Bundesrates diskutiert. Sie unterstützt zwar die am letzten Donnerstag angekündigte Lockerung des Lockdowns. Mit dem kommunizierten Ablauf der Transitionsphase ist sie aber nur teilweise zufrieden. Die Regierung fordert deshalb in einem weiteren Schreiben, die Lockerungen schneller umzusetzen.

Die Folgen der durch den Bund vorgegebenen Lockerungsschritte sind aus Sicht der Regierung wirtschaftlich zu gravierend. Für die Regierung stellen sich folgende Fragen:

Reihenfolge der Lockerungen:

Die vom Bundesrat festgelegte Reihenfolge der Lockerungen ist für die St.Galler Regierung nicht stringent und der wirtschaftliche Nutzen beziehungsweis die Zielsetzung, die wirtschaftlichen Schäden möglichst gering zu halten, ist mit dieser Reihenfolge nur schwer zu erreichen. Es ist für die Regierung nicht nachvollziehbar, dass Museen, Bibliotheken und Zoos erst im Juni öffnen sollen, obwohl in diesen Einrichtungen die Durchsetzung der Distanzregeln gut gewährleistet werden kann.

Aufhebung der Sortimentsbeschränkungen:

Ab dem 27. April 2020 werden die Sortimentsbeschränkungen in Lebensmittelläden aufgehoben. Damit entsteht aus Sicht der Regierung eine nicht vertretbare Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des Detailhandels, der bereits von den einschneidenden Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus stark betroffen ist. Verschiedene Branchen, darunter auch der Detailhandel, haben mit selbst erarbeiteten Konzepten bereits aufgezeigt, wie sich die Öffnung gesundheitspolitisch korrekt umsetzen lässt. Die Regierung hält deshalb an ihrer Forderung vom 14. April 2020 fest, dass öffentlich zugängliche Einrichtungen, Geschäfte und Läden, die die heute auch für Lebensmittelläden geltenden Hygienevorschriften einhalten können, ab dem 27. April 2020 wieder geöffnet werden können. Im Fokus sollte nicht mehr das Sortiment stehen, sondern die Möglichkeit, Hygiene- und Abstandsvorschriften einzuhalten.

Schutzkonzepte:

Der Bundesrat sieht vor, dass die Lockerungen durch Schutzkonzepte begleitet werden. Diese können je nach Branche eine Empfehlung oder Pflicht zum Maskentragen beinhalten. Die Kantone sind für den Vollzug verantwortlich. Daher geht die Regierung davon aus, dass den Kantonen im Vollzug auch ein entsprechender Spielraum verbleibt.

Schule:

Zur Schule möchte die Regierung die folgenden beiden Punkte festhalten, wobei die Anliegen selbstverständlich unter dem Vorbehalt der Realisierbarkeit unter epidemiologischen Gesichtspunkten stehen:

  • Volksschule: Die Regierung versteht die Ankündigung, dass ab dem 11. Mai 2020 Präsenzunterricht wieder erlaubt ist, so, dass es in der Kompetenz der Kantone liegt, wie dieser ausgestaltet wird.

  • Sekundarstufe II: Der für den Präsenzunterricht dieser Schulstufe in Aussicht gestellte Beginn vom 8. Juni 2020 liegt sehr nahe beim Beginn der Sommerferien. In der Folge ist es den Schulen nicht zumutbar, alle in dieser Zeit erforderlichen Leistungen (Abschlussarbeiten, Schlussprüfungen usw.) zu erbringen. Die Regierung beantragt daher, dass der Beginn des Präsenzunterrichts für die Sekundarstufe II angemessen vorgezogen wird, damit die Schulen ihre entsprechende Pflicht erfüllen können.

Fehlende Entscheide:

Nicht geäussert hat sich der Bundesrat zu Perspektiven für die Gastronomie, den öffentlichen Verkehr oder auch für den Tourismus sowie für den Grenzverkehr (insbesondere die Wiederherstellung des Freizügigkeitsrechts, nötigenfalls unter bestimmten Auflagen). Ebenfalls wurden keinerlei Szenarien aufgezeigt, wie mit dem heute geltenden Veranstaltungsverbot weiter verfahren werden soll. Dies ist – gerade mit Blick auf die Zielsetzung des Bundesrates «Planungssicherheit zu verschaffen» sowie «die wirtschaftlichen Schäden möglichst gering zu halten» – nicht akzeptabel und es braucht deshalb aus Sicht der St.Galler Regierung dringend weitere klare Entscheidungen des Bundesrates vor dem 27. April 2020.

Die Regierung erhofft sich hierzu mehr Informationen des Bundesrates und hat deshalb mit Datum von heute ein weiteres Schreiben versendet.

Kontrolle der Einhaltung der Schutzkonzepte

Ab kommendem Montag können gemäss Entscheid des Bundesrates verschiedene Unternehmen ihren Betrieb wieder aufnehmen. Dazu zählen auch Spitäler, die wieder alle Eingriffe vornehmen dürfen. Zudem können medizinische Praxen ihren Betrieb im regulären Umfang aufnehmen, nachdem in den letzten Wochen in erster Linie Praxen von Grundversorgenden uneingeschränkt offen waren. Dazu zählen auch Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie alle freischaffenden Gesundheitsfachpersonen.

Um das Risiko einer Wiederausbreitung des neuen Coronavirus zu reduzieren, müssen die Betriebe jedoch Schutzkonzepte vorweisen. Die Kontrollen der Einhaltung der Schutzkonzepte müssen durch die Kantone vorgenommen werden. Im Kanton St.Gallen wird dies unter Federführung des Volkswirtschaftsdepartementes geschehen. Verantwortlich für die Erstellung der Schutzkonzepte ist jeder einzelne Betrieb. Betriebe können sich dabei abstützen auf die gesundheits- und arbeitsrechtlichen Vorgaben des BAG und des SECO.

Die Vorgaben des SECO und des BAG werden ab Mitte dieser Woche verfügbar sein. Einzelne Branchen- oder Berufsverbände können dann, wenn sie das wünschen, auf Basis der Vorgaben des Bundes branchenbezogene Grobkonzepte erstellen. Eine Genehmigung der Konzepte durch kantonale oder Bundesstellen ist nicht vorgesehen.

Kanton weitet Testumfang aus

Sowohl für die Gesellschaft wie auch für die Wirtschaft ist zudem wichtig, die Infektionsrate tief zu halten. Zentral ist deshalb, auch während der Lockerungsphase die Hygiene- und Abstandsvorschriften einzuhalten. Die Regierung erachtet es zum anderen aber auch als wichtig, mehr Personen auf das Coronavirus zu testen. Der Kanton erweitert deshalb gemäss den Richtlinien des BAG die Indikation zur Durchführung von diagnostischen Tests bei Personen mit Verdacht auf eine akute Infektion.

Deshalb werden ab kommenden Montag auch Personen mit leichten Krankheitssymptomen wie Fieber, Husten, Halsschmerzen oder Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns auf das Coronavirus getestet. Mit dieser Massnahme will die Regierung erreichen, dass nur noch jene Personen sich isolieren müssen, die sich tatsächlich mit dem Virus infiziert haben. Die vorgesehene Änderung der Testpraxis kann zu einem Anstieg der Fallzahlen führen.

Regierung überweist Vorlage an Kantonsrat

Die Regierung hat heute zudem die Vorlage «Bekämpfung des Coronavirus: Liquiditätshilfe in Härtefällen» an den Kantonsrat überwiesen. Darin ist zum einen das Gesetz über die Gewährung von ergänzenden Krediten und Solidarbürgschaften in Folge des Coronavirus enthalten. Zum anderen enthält die Vorlage auch den II. Nachtrag zum Kantonsratsbeschluss über die Zuweisung eines Teils des Kantonsanteils am Erlös aus dem Verkauf von Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank an das besondere Eigenkapital.