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Publiziert am 20.03.2020 09:30 im Bereich Allgemein

Die Gemeinden haben ihre Integrationsbestrebungen im letzten Jahr intensiviert. Dazu beigetragen hat die Verdreifachung der Integrationspauschale des Bundes je Flüchtling bzw. vorläufig aufgenommene Person. Rund 9,77 Millionen Franken sind in der vergangenen Rechnungsperiode an die 77 St.Galler Gemeinden aus-bezahlt worden. Das ist ein Anstieg gegenüber dem Jahr 2018 um rund 5,5 Millio-nen Franken.

Durch die Integrationspauschale des Bundes konnten im Jahr 2019 Integrationsmassnahmen der St.Galler Gemeinden für anerkannte Flüchtlinge sowie für vorläufig Aufgenommene (kurz FL/VA) mit knapp 10 Millionen Franken refinanziert werden. Diese Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr resultiert aus der Erhöhung der einmaligen, für die Integration bestimmten Bundespauschale von 6000 auf 18'000 Franken je Flüchtling bzw. vorläufig aufgenommene Person im Jahr 2019. Dies basiert auf der vom Bund erlassenen Integrationsagenda. Dadurch flossen den Gemeinden bei der Umsetzung der «massgeschneiderten» individuellen Unterstützungen zur raschen Integration wichtige Mittel zu. Die erhöhten Mittel wurden unter anderem für Deutschkurse, Arbeitsintegrationsmassnahmen sowie für die soziale Integration eingesetzt. 

Bundesmittel nicht ausgeschöpft 

Im Vergleich zum Vorjahr wurden gesamthaft mehr Massnahmen refinanziert. Allerdings wurde 2019 rund ein Drittel der vorhandenen Bundesmittel nicht verwendet. Diese rund fünf Millionen stehen den Gemeinden für dieses Jahr für die Integrationsförderung im Flüchtlingsbereich erneut zur Verfügung. Total stand im Jahr 2019 ein Betrag von 15,5 Millionen Franken an Bundesmitteln zur Verfügung (Jahr 2018: 6 Millionen Franken). Der Ausschöpfungsgrad der Integrationspauschale lag bei 63 Prozent (Jahr 2018: 71 Prozent). Die darin erfassten Aufwendungen von knapp 10 Millionen bilden aber nur einen Teil der Integrationsbemühungen der Gemeinden ab. Einerseits finanzieren nämlich die Gemeinden weitere Integrationsmassnahmen selber, die nicht über die Bundespauschale refinanziert werden. Anderseits hängt der Ausschöpfungsgrad von demographischen oder lokalen Faktoren ab; so beispielsweise von der Anzahl schulpflichtiger Kinder mit Flüchtlings-Status, für deren Integration während der obligatorischen Schulzeit die Integrationspauschale des Bundes nicht zur Verfügung steht. Oder vom Angebot an Freiwilligen, das in den Gemeinden kostenfrei genutzt werden kann.  

Gespräche über weitere Optimierungen 

Im laufenden Jahr 2020 stehen den Gemeinden mit 15 Millionen Franken wieder ähnlich viele Bundesmittel zur Verfügung, die es effizient im Sinne einer erfolgreichen Integration zu nutzen gilt. Zu diesem Zweck werden auch laufend neue Integrationsmassnahmen durch Organisationen entwickelt, durch den Kanton geprüft und den Gemeinden zur Nutzung bereitgestellt. Damit die Mittel noch optimaler ausgeschöpft werden können, sind Verhandlungen zwischen dem Kanton und der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VSGP) im Gange. Ein Anliegen der VSGP ist es, dass im Rahmen des Integrationsprogramms des Kantons (KIP) noch weitere Massnahmen durch Bundesmittel gedeckt werden können, die gegenwärtig von den Gemeinden finanziert werden müssen. 

Die Integrationspauschale wurde aufgrund einer Zusatzvereinbarung zum KIP zwischen dem Kanton St.Gallen und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) erhöht. Im Rahmen der Zusatzvereinbarung zum Kantonalen Integrationsprogramm zwischen dem Kanton St.Gallen und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) verpflichtete sich der Kanton St.Gallen zur Verfolgung der fünf übergeordneten Wirkungsziele der Integrationsagenda Schweiz (siehe unten).  

Die fünf Wirkungsziele der Integrationsagenda 

Die Erreichung dieser Wirkungsziele wurde für das Jahr 2019 erstmals durch die Gemeinden eingeschätzt und an den Kanton rapportiert. Die Auswertung der von den Gemeinden rapportierten Massnahmen zeigt, dass diese ein breites Feld an Integrationsmassnahmen nutzen und dadurch wirksam zur Zielerreichung beitragen. 

1. Ziel: Drei Jahre nach Einreise verfügen alle aus dem Ausland zugezogenen FL/VA mindestens über sprachliche Basiskenntnisse zur Bewältigung des Alltags (mindestens A1).

Aus der Berichterstattung zu den einzelnen Wirkungszielen geht hervor, dass das erste Ziel von 34 Prozent der Gemeinden vollständig, von 53 Prozent teilweise (zu über 80 Prozent) und von 6,5 Prozent nicht erfüllt werden konnte. Die übrigen Gemeinden gaben an, über keine Zielgruppe oder keine Angaben zu diesem Wirkungsziel zu verfügen (6,5 Prozent). 

2. Ziel: Beim Start der obligatorischen Schulzeit können sich 80 Prozent der Kinder von FL/VA in der am Wohnort gesprochenen Sprache verständigen.

Für das zweite Wirkungsziel gaben 51 Prozent der Gemeinden an, dass das Ziel voll-ständig erfüllt werden konnte. Weitere 22 Prozent der Gemeinden gaben an, das Ziel teilweise (mit über 60 Prozent) erreicht zu haben. Dieses Ziel nicht erfüllt sahen 5 Prozent der Gemeinden, während 22 Prozent über keine Zielgruppen verfügten oder keine Angaben machen konnten. 

3. Ziel: Fünf Jahre nach der Einreise befinden sich zwei Drittel aller FL/VA im Alter von 16 bis 25 Jahren in einer postobligatorischen Ausbildung.

Beim dritten Ziel gaben 43 Prozent der Gemeinden an, dieses vollständig und 34 Prozent teilweise (über 50 Prozent) erreicht zu haben. Nicht erreicht wurde dieses Ziel in 8 Prozent der Gemeinden, während 15 Prozent keine Angaben machen konnten. 

4. Ziel: Sieben Jahre nach Einreise sind 50 Prozent aller erwachsenen FL/VA nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt integriert.

Gemäss dem Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) waren Ende November 2019 in 42 Prozent der Gemeinden 50 Prozent oder mehr der FL/VA berufstätig, die vor sieben Jahren oder mehr in die Schweiz einreisten. Bei 8 Prozent der Gemeinden war das vierte Wirkungsziel nur teilweise (über 33 Prozent) und bei 17 Prozent gar nicht erfüllt. Ganze 34 Prozent der Gemeinden verfügten im Berichtszeitraum über keine Zielgruppe in diesem Bereich. 

5. Ziel: Sieben Jahre nach Einreise sind die FL/VA vertraut mit den Schweizerischen Lebensgewohnheiten und haben soziale Kontakte zur einheimischen Bevölkerung.

Das fünfte Wirkungsziel sahen nur 22 Prozent der Gemeinden erfüllt, während 44 Pro-zent angaben, dieses teilweise (über 80 Prozent) erfüllt zu haben. Bei 21 Prozent der Gemeinden wurde das Ziel verfehlt und bei 13 Prozent fehlte eine entsprechende Ziel-gruppe. Gemäss den Aussagen von verschiedenen Gemeinden seien die mässigen Er-folge in diesem Bereich, neben dem Desinteresse der FL/VA an «künstlichen» Kontakten in sogenannten «Freiwilligengruppen», zum Teil auch der mangelnden Bereitschaft der ortsansässigen Bevölkerung, eine Konversation in Schriftsprache zu führen, geschuldet. 

Die genannten Wirkungsziele betreffen Flüchtlingskinder vor dem Schuleintritt (0-4 Jahre) sowie jugendliche und erwachsene Flüchtlinge (ab 16 Jahren). Flüchtlingskinder im schulpflichtigen Alter werden dagegen direkt in die Regelstrukturen der obligatorischen Schule aufgenommen und dort zusätzlich gefördert. Für den Schulbereich sind die Schulgemeinden zuständig, deshalb werden diese Kosten vollumfänglich von den Gemeinden getragen. Die obligatorische Schule nimmt also eine wichtige Rolle bei der Integration ein, ist aber nicht Teil der Integrationsagenda.