Ein Jubiläum voller Geschichten und Begegnungen
Seit einem Vierteljahrhundert engagiert sich die Beratungsstelle Maria Magdalena für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeitenden. Angefangen als Präventionsprojekt des Gesundheitsdepartments des Kantons St.Gallen, hat sich die Fachstelle während Jahren durch Aufsuchende Arbeit, Beratung Vernetzung und Sensibilisierung als bedeutende Ansprechpartnerin für Menschen im Sexgewerbe sowie für verschiedene Institutionen, Behörden und auch die Öffentlichkeit institutionalisiert. Die Fachstelle leistet dabei einen wesentlichen Beitrag zur STI-Prävention.
Das 25-jährige Bestehen wurde am 15. Mai 2025 mit einem besonderen Programm gewürdigt mit dem Ziel, unterschiedliche Lebensrealitäten der Sexarbeitenden sichtbar zu machen und Räume für Austausch und Unterstützung zu schaffen.
Den Auftakt bildete eine sorgfältig kuratierte Stadtführung durch das Linsenbühlquartier, indem es bis vor einigen Jahren noch eine aktive Strassensexarbeit gab. Die Führung wurde von einem in den Ruhestand getretenen Pastoralassistenten und Stadtführer geleitet, der sich eigens für den Jubiläumsanlass durch das Stadtarchiv sowie weitere kaum vorhandene Quellen forstete. Mit feinem Gespür für die komplexe Geschichte der Sexarbeit in St.Gallen spannte er einen Bogen von historischen Entwicklungen bis in die Gegenwart. Die Teilnehmenden erhielten Einblicke in oftmals verborgene Lebensrealitäten - geprägt von Herausforderungen, Kämpfen, aber auch von Hoffnung und Solidarität. Dabei standen nicht allein Fakten im Mittelpunkt, sondern vor allem die Stimmen jener, die im gesellschaftlichen Diskurs häufig übersehen oder stigmatisiert werden.
Im Anschluss daran folgte eine Lesung mit der Aktivistin und Sexarbeiterin, die Passagen aus ihrem Buch "Warum sie uns hassen" vortrug. Mit grosser Offenheit und persönlichen Anekdoten berichtete sie von ihren Erfahrungen in der Sexarbeit. Die vorgelesenen Passagen berührten und zeigten sehr deutlich auf, wie wichtig die Einforderung und Einhaltung der Rechte für Sexarbeitende ist. Die Lesung und die Diskussion verdeutlichten die wichtige Rolle der Fachstellen wie Maria Magdalena als Ort der Untersützung, Würde und Selbstbestimmung.
Der Anlass wurde durch die Teilnahme zahlreicher Netzwerkpartner*innen aus sozialen Institutionen, Unterstützer*innen und langjährigen Wegbegleiter*innen bereichert. Auch neue Kontakte fanden den Weg ins Kaffeehaus im Linsenbühlquartier, wo der Abend bei einem Apero in offener, lebendiger Atmosphäre ausklang. Es wurde angestossen, diskutiert, erinnert - und auch in die Zukunft geblickt.
Das 25-jährige Jubiläum markierte nicht nur einen Meilenstein, sondern auch einen Moment der gemeinsamen Wertschätzung: für all jene, die die Arbeit der Beratungsstelle Maria Magdalena unterstützt, mitgetragen und durch ihr Vertrauen gestärkt haben.