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Publiziert am 08.12.2022 15:23 im Bereich MariaMagdalena
Girls

"Wir brauchen vier Umarmungen pro Tag zum Überleben.
Wir brauchen acht Umarmungen pro Tag zum Leben.
Wir brauchen zwölf Umarmungen pro Tag zum Wachsen."

Haben Sie jetzt auch kurz hochgerechnet, auf wie viele Umarmungen Sie pro Tag kommen?
Überleben – Leben – Wachsen…?

Das Zitat stammt von Virginia Satir, eine amerikanische Psychotherapeutin des vergangenen Jahrhunderts und eine der wichtigen Begründerinnen der Familientherapie. Sie verweist darauf, dass Berührungen und Umarmungen lebensnotwendig sind. Ihr Anliegen war es, Menschen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ihre Fähigkeiten und Ressourcen nutzen können und damit Wachstum und Frieden zu fördern.
Ihre Aussagen werden von der heutigen Sexualforschung nur bestätigt: das Grundbedürfnis nach Bindung wird gestillt durch Berührungen. Dabei ist es nicht entscheidend, dass diese sexueller Natur sind. Wichtig ist die gefühlte Intimität. Gerade in langjährigen Liebesbeziehungen wie auch mit dem Älter werden und dem abnehmenden Funktionieren der Geschlechtsorgane rücken simple Sexpraktiken in den Hintergrund zugunsten von Kreativität und Zärtlichkeit. Diese Veränderung und Entwicklung wird von den Betroffenen als ausgesprochen positiv wahrgenommen.

Berührungen, Sex und Intimität haben verschiedene positive Auswirkungen: unsere Stimmung hellt sich auf, positive Gefühle nehmen zu, Dopamin wird ausgeschüttet, was zu einem intensiven sowie langanhaltenden Stressabbau führt. Herz- und Kreislaufprobleme nehmen ab, die Prostata ist besser durchblutet und besser geschützt gegen eine Vergrösserung und die damit einhergehenden Beschwerden. Die Liste der positiven Effekte wäre noch länger…

In der Sexarbeit haben – entgegen häufig anzutreffender Vorurteile – Intimität und Zärtlichkeit einen hohen Stellenwert. Sexarbeit hat zwar viele verschiedene Gesichter und Ausprägungen und lässt sich nicht in einem einzigen Bild erfassen, aber mit wenigen Ausnahmen ist zentral, dass der Kunde oder die Kundin sich gesehen fühlt, Akzeptanz – manchmal auch Bewunderung – erfährt, aus dem Alltag erzählen kann und dafür auf offene interessierte Ohren stösst, Trost und Anerkennung findet und Kraft tankt. Nicht umsonst spricht man bei Sex-Arbeit auch von Care-Arbeit. Sexarbeitende leisten mit ihrem Angebot einen wichtigen Beitrag zur physischen und psychischen Gesundheit der Kundschaft, was aber leider von unserer Gesellschaft (noch) zu wenig Anerkennung erfährt.

Die Beratungsstelle Maria Magdalena setzt sich für das öffentliche Bild von Sexarbeit ein und hat den Auftrag, dass sich Sexarbeitende bei ihrer Care-Arbeit vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen und gesund bleiben.

Mit einem weiteren Zitat von Virginia Satir grüssen wir Sie – liebe Leser und liebe Leserin – und wünschen Ihnen eine Weihnachtszeit mit Berührungen, Wachstum und Frieden.

„Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Beziehung.“
Virginia Satir

Team Maria Magdalena