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Publiziert am 18.08.2022 09:10 im Bereich MariaMagdalena
Blog August STI safer sex

Bakteriell verursachte STI wie u.a. Syphilis und Gonorrhoe sind dank wirksamer Antibiotika heilbar. Während vor der Entwicklung dieser antibiotischen Medikamente in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Ansteckung mit diesen Infektionen zu schweren und bleibenden Gesundheitsschäden und oft auch zum Tod führten, ist dies in unserer Zeit nicht mehr der Fall, sofern die Infektion rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt wird. Doch wie lange wird dies noch der Fall sein? Droht aufgrund des bekannten Auftretens multiresistenter Erregerstämme und dank einer weitverbreiteten "Kondommüdigkeit" ein Rückfall in die Zeit nicht behandelbarer "Lustseuchen"?

Auf der einen Seite sichert Anpassung grundsätzlich das Überleben...

In der Schweiz steigen die Ansteckungszahlen von STI seit einigen Monaten wieder merklich an, wie das Bundesamt für Gesundheit BAG in seinen wöchentlich veröffentlichten Bulletins ausweist. Dies gilt insbesondere für jene Infektionen, die beim ungeschützten Sex mit eine* infizierten Sexpartner*in bakteriell übertragen werden. Zu den relevantesten Erkrankungen dieser Kategorie gehören neben der Chlamydiose die Syphilis und die Gonorrhoe. Diese Infektionen sind, wenn erkannt, grundsätzlich mit Antibiotika heilbar. Grundsätzlich heisst in diesem Zusammenhang: sofern es sich nicht um multiresistente Bakterienstämme handelt, deren vollzogene Anpassung an die antibiotischen Wirkstoffe eine durchschlagende Behandlung und Heilung zumindest deutlich erschwert.   

Dass Bakterien und Viren wandelbar sind und sich an ihre Umwelt anpassen, ist bekannt. Dabei handelt es sich um einen fortlaufenden, in der Regel langsam von statten gehenden, natürlichen Evolutionsprozess, der das Leben auf diesem Planeten seit jeher und über die Artengrenzen hinweg geprägt hat. Nur so waren die unterschiedlichen Arten in der Lage, sich auch in lebensfeindlichen Umgebungen auszubreiten und das eigene Überleben zu sichern. So weit, so normal. Auch im Hinblick auf die Erreger von Syphilis und Gonorrhoe, die sich in ihrem Wirt möglichst dauerhaft ausbreiten wollen. Und deren evolutionäre Prozesse deutlich schneller ablaufen als bei anderen Lebewesen.

…auf der anderen Seite stellt Anpassung ein wachsendes Risiko dar  

Im Gegensatz zu den Krankheitserregern hat der Mensch ein entgegengesetztes Ziel. Für ihn ist der Verbleib eines Erregers im Körper nicht von Vorteil, da dieser die Funktionen und sein damit zusammenhängendes Wohlbefinden massgeblich stören oder sogar sein Leben ernsthaft bedrohen kann. Und so greift er zu Medikamenten, um die Krankheitserreger möglichst rasch und zuverlässig wieder los zu werden. Im Falle der genannten STI-Erreger sind dies, wie erwähnt, Antibiotika, die auf vielfältige Weise das Überleben und die Vermehrung der Erreger verhindern und so eine Genesung von der Infektion ermöglichen. Jedoch nur, sofern die Erreger noch sensibel auf die entsprechend verschriebenen Antibiotika reagieren. Tun sie das nicht, weil sie inzwischen Resistenzen gegen ein oder mehrere Antibiotika entwickelt haben, dann hat der Mensch, der mit einem solchen resistenten Keim infiziert ist, ein schwerwiegendes gesundheitliches Problem. Das Beispiel einer Infektion mit multiresistenten Syphiliserregern macht es deutlich, da in solch einem Fall für eine zwingend behandlungsbedürftige, da lebensbedrohliche Erkrankung kaum mehr wirksame Medikamente zur Verfügung stehen und als Konsequenz dieses Umstands schwere gesundheitliche Einschränkungen und der Tod stehen.

Augen auf bei Urlaubsflirts und sexuellen Kontakten im Ausland

Krankheitserreger, insbesondere Erreger von STI, zirkulieren vor allem in Populationen, in denen die Menschen über ein regelmässiges Sexleben mit wechselnden Partner*innen verfügen, die nicht immer konsequent safer sex praktizieren, also eindringenden / aufnehmenden Verkehr nicht ausschliesslich mit Kondom haben, und die sich selten oder nie auf STI testen lassen. Hier haben die entsprechenden Erreger, insbesondere die bakteriellen, ein relativ leichtes Spiel bei der Ausbreitung, da Infektionen nicht oder nicht konsequent verhindert werden und bestehende Infektionen wegen der Vermeidung von Tests nicht erkannt, nicht behandelt und so auch unerkannt weitergegeben werden. Wie oben erläutert, ist hier das gesundheitliche Risiko der Ansteckung mit einem multiresistenten Erreger besonders gross aufgrund der Schwierigkeit einer durchschlagenden Behandlung. Daher gilt es, insbesondere diese Ansteckungen zu verhindern bzw. das entsprechende Risiko möglichst zu minimieren. Von besonderer Bedeutung ist die konsequente Anwendung der Regeln zum safer sex also in Ländern und Regionen, die für ihr Sexbusiness und ihren eher laxen Umgang mit dem Zugriff auf und der Einnahme von Antibiotika bekannt sind. Dies gilt also vor allem für Reisedestinationen u.a. in Südostasien, in denen in der Vergangenheit zunehmend resistente STI-Erregerstämme aufgetreten sind.    

 

Wie man sich praktisch schützt und gesund erhält…

Um sich und andere vor den erwähnten schwer behandelbaren Infektionen möglichst zuverlässig zu schützen, sollten folgende altbewährte Hinweise beachtet werden:

·         Safer Sex ist die sichere Nummer! Bei eindringendem und / oder aufnehmendem Sex zuverlässig und von Anfang an – bereits beim Vorspiel – Kondome benutzen.

·         Eiserne Regeln setzen! Wenn einmal auf ein Kondom verzichtet werden sollte – oder die Möglichkeit / Wahrscheinlichkeit eines solchen Verzichts besteht –, dann heisst es gut zu kalkulieren, was mit wem läuft oder laufen soll. Ein gutes und bewusstes Risikomanagement kann im Zweifelsfall den Unterschied machen, wenn es darauf ankommt. Heisst also ganz besonders: Keinen ungeschützten (Hochrisiko-)Sex mit Unbekannten riskieren, insbesondere nicht in Hochprävalenzregionen – also in manchen Ferienregionen ausserhalb Europas. Erst recht nicht mit Personen mit einem unter Umständen offenkundigen riskanten oder aktiven Sexualleben.

·         Die Zeichen des Körpers wahr- und ernst nehmen! Oftmals – wenn auch nicht immer oder nicht immer wahrnehmbar – zeigen sich STI durch körperliche Symptome, entweder bei sich selbst oder aber bei der*dem Sexpartner*in. Bei ungewöhnlichen Hautveränderungen am Körper – nicht nur an Penis, Vulva und / oder Anus –, bei eigentümlich riechendem und unüblich aussehendem Ausfluss sowie bei Fieber, Abgeschlagenheit und allgemeinem Unwohlsein nach zurückliegendem sexuellem Risikokontakt heisst es: Medizinische Hilfe in Anspruch nehmen und im Zweifelsfall umgehend mit Sex pausieren, bis die Ursache für die Symptome zweifelsfrei geklärt ist.       

·         Den eigenen STI-Status kennen! Getreu dem Sinnspruch "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!" sind STI-Infektionen, die diagnostiziert worden sind, in der Regel auch Infektionen, die nicht weitergegeben werden, da auf ein positives Testergebnis normalerweise eine funktionierende Behandlung erfolgt. Insofern empfiehlt es sich für alle sexuell aktiven Personen, sich regelmässig auf die gängigsten Erreger testen zu lassen. Besonders wichtig ist dies nach Ferienaufenthalten im Ausland, wenn es zu sexuellen Kontakten mit Unbekannten gekommen sein sollte.

     

…und wie man gesamtgesellschaftlich verantwortungsvoll handelt

Das Problem multiresistenter Krankheitserreger ist vor allem eines der überbordenden und unsachgemässen Nutzung von Antibiotika, da diese dazu führt, dass sich Erregerstämme anpassen und deren Einsatz überleben.
Jede*r kann einen wichtigen Beitrag leisten, um auch die Entstehung dieser Erreger zu verhindern oder zu reduzieren. Folgende Grundregeln und Möglichkeiten helfen dabei:

·         Wenn Sie eine Therapie mit Antibiotika begonnen haben, führen Sie diese genau wie ärztlich verordnet bis zum Ende durch und brechen Sie diese nicht eigenmächtig ab. Therapieabbrüche geben den Erregern die Chance, sich an die Medikamente und deren Wirkungen anzupassen und "Gegenmassnahmen" zu ergreifen.

·         Seien Sie sich bewusst, dass die Fleischindustrie breit und präventiv auf den Einsatz von Antibiotika setzt. Dies gilt vor allem bei Produkten aus der Massentierzucht, die zu einem guten Teil verantwortlich sind für die Entwicklung von Multiresistenzen bei Krankheitserregern. Bedenken Sie bestehende Alternativen in der Ernährung und im eigenen Konsumverhalten von Fleischprodukten.   

Es zeigt sich also: Vorbeugen ist zwar besser als heilen. Doch heilen muss man weiterhin können. Um sich diese Möglichkeit zu erhalten, helfen Prävention und passgenaue sowie wohlüberlegte pharmazeutische Interventionen. Dies ist eine Aufgabe, die uns alle betrifft und unser gemeinsames Engagement braucht. Mit einem entsprechend achtsamen Umgang mit sexuellen Risiken und der Verwendung von lebenswichtigen Medikamenten exakt nach ärztlicher Verordnung kann die Verbreitung von schwer behandelbaren STI-Erregern wirksam eigedämmt werden. Und somit der Angst vor der Rückkehr nicht behandelbarer "Lustseuchen" weitgehend die Grundlage entzogen werden.    

Im Einsatz für die Gesundheit:
Team Maria Magdalena und Priapos