
Amt für Soziales
Newsletter «Revision BehG»

Grüezi
Wir freuen uns, Ihnen den nächsten Newsletter zum Stand und zur Umsetzung der Revision des Behindertengesetzes des Kantons St.Gallen («Revision BehG») zukommen zu lassen. In diesem Newsletter finden Sie aktuelle Informationen zum Stand der Gesetzesrevision sowie zur Umsetzungsvorbereitung.
Ergebnisse der Vernehmlassung
Das rund viermonatige Vernehmlassungsverfahren zur Sammelvorlage wurde am 28. Februar 2025 abgeschlossen. Insgesamt sind 53 Stellungnahmen eingegangen: sieben politische Parteien, vier Gemeinden bzw. Regionen oder deren Verbände, 12 Organisationen aus dem stationären Bereich sowie 30 weitere Institutionen, Akteure und Einzelpersonen, darunter auch mehrere Organisationen von Menschen mit Behinderungen nahmen Stellung.
Insgesamt wird die Vorlage in ihren Grundzügen breit begrüsst. Es wurden aber auch verschiedene Änderungsvorschläge eingebracht. Vor allem den Selbstvertretungsorganisationen gehen die Anpassungen nicht weit genug. Die Leistungsanbietenden bemängeln insbesondere, dass viele Fragen zum konkreten Vollzug und vor allem auch zur Höhe der Abgeltung für die Leistungserbringung erst auf Verordnungsebene geregelt werden. Nachfolgend sind die Änderungen an der Vorlage aufgrund der Anliegen aus der Vernehmlassung kurz zusammengefasst:
I. Nachtrag: Subjektfinanzierung ambulanter Leistungen im Wohnen
Der erste Nachtrag sieht vor, ambulante Leistungen im Bereich Wohnen künftig über eine Subjektfinanzierung zu unterstützen. Kritisiert wurden hier von einigen Vernehmlassungsteilnehmenden die Anspruchsvoraussetzungen. Infrage gestellt wurden die Altersgrenze, die Voraussetzung einer Invalidität und die Karenzfrist von einem Jahr.
Die Regierung hält grundsätzlich an den Voraussetzungen fest. Bei der Karenzfrist wurde eine Änderung vorgenommen. Die Regierung kann Ausnahmen bei der Voraussetzung des Wohnsitzes vorsehen. Damit soll es Menschen mit Behinderung, die im Kanton St.Gallen wohnhaft sind und in einen anderen Kanton umziehen möchten, ermöglicht werden, ambulante Leistungen zu beziehen, auch wenn der andere Kanton eine Karenzfrist vorsieht.
Zudem wird die unabhängige Beratungsstelle ausgebaut, diese soll den Personen auch bereits vor dem eigentlichen Bedarfserfassungsprozess zur Verfügung stehen.
II. Nachtrag: Stärkung der Gleichstellung und Barrierefreiheit
Der zweite Nachtrag bezieht sich auf Gleichstellung und barrierefreien Zugang zu öffentlichen Angeboten. Die geplante Anpassung des Planungs- und Baugesetzes, wonach öffentlich zugängliche Bauten im öffentlichen Eigentum grundsätzlich barrierefrei gebaut werden müssen, wurde breit kritisiert. Es wurde auf Umsetzungsprobleme bei bestehenden Bauten sowie auf den Vollzugs- und finanziellen Aufwand hingewiesen. Die Regelung wird deshalb nicht weiterverfolgt. Bestehen bleibt aber die Benennung einer Fachstelle für barrierefreies Bauen durch die Regierung und die Pflicht, eine Stellungnahme dieser Fachstelle einzuholen, wenn ein Bauvorhaben unter den Anwendungsbereich des nationalen Behindertengleichstellungsgesetzes fällt.
Ein weiterer Punkt betrifft das Staatsverwaltungsgesetz. Künftig sollen neue kantonale Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit der UN-Behindertenrechtskonvention geprüft werden. Diese neue Regelung wurde teilweise kritisch beurteilt, bleibt aber bestehen. Sie erfährt jedoch eine gewisse Einschränkung – nur Gesetzesvorhaben, die einen Bezug zu den Behindertengleichstellungsrechten aufweisen unterstehen dem Überprüfungsmechanismus.
III. Nachtrag: Inklusive familienergänzende Kinderbetreuung
Der dritte Nachtrag betrifft die Abgeltung behinderungsbedingter Mehrkosten in der familienergänzenden Kinderbetreuung. Mehrfach wurde gewünscht, auch Tagesfamilien in die Regelung einzubeziehen. Tagesfamilien waren nie explizit ausgeschlossen worden, die Abgeltung muss aber den Umständen Rechnung tragen. Die Regierung wird dazu weitere präzisierende Bestimmungen auf Verordnungsebene vorsehen.
Die Finanzierung erfolgt gemeinsam durch Kanton und Gemeinden. Der vorgeschlagene Kostenteiler wurde vom Verband St.Galler Gemeindepräsidien kritisiert, obwohl dieser im Vorfeld gemeinsam erarbeitet worden war. Die Regierung hält am Vorschlag fest. Der Kanton übernimmt die Coachingkosten, die Gemeinden den Mehraufwand bei Betreuung und Koordination. Daraus ergibt sich ein erwarteter Kostenteiler von rund 45 Prozent für den Kanton und 55 Prozent für die Gemeinden.
Stand erster Revisionsschritt
Die Regierung hat die Vorlage verabschiedet und an den Kantonsrat zugeleitet. Die entsprechende Medienmitteilung finden Sie hier: Mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung neues Fenster, die Botschaften und Entwürfe sind im Ratsinformationssystem neues Fenster unter den Geschäftsnummern 22.25.04, 22.25.05, 22.25.06 abrufbar.
Der Kantonsrat wird in der Herbstsession Mitte September die vorberatende Kommission zu den Geschäften stellen. Anschliessend werden die Vorlagen in der Wintersession 2025 in erster Lesung und in der Frühjahrsession in zweiter Lesung beraten. Mindestens zum I. Nachtrag zum BehG wird es anschliessend eine Volksabstimmung geben, da dieser dem obligatorischen Finanzreferendum untersteht. Die beiden anderen Nachträgen unterstehen dem fakultativen (Gesetzes-)Referendum. Es ist weiterhin vorgesehen, die drei Nachträge auf den 1. Januar 2027 in Vollzug zu setzen.
Stand zweiter Revisionsschritt
Bereits angelaufen sind die Arbeiten zu einem zweiten Revisionsschritt, mit dem ein neues Finanzierungssystem für den stationären Bereich Wohnen entwickelt werden soll. Ziel ist ein möglichst aufeinander abgestimmtes Finanzierungssystem, mit möglichst wenig Fehlanreizen zwischen dem ambulanten und dem stationären Angebot.
Die Projektorganisation aus dem ersten Revisionsschritt wurde beibehalten. Auftraggeberin ist auch in diesem Projekt die Regierung, der Projektausschuss ist zusammengesetzt aus vertretenden des Departementes des Innern, des Bildungsdepartementes und des Finanzdepartementes. Die Projektleitung liegt weiterhin beim Amt für Soziales. Auch die Begleitgruppe aus Vertretenden der stationären und ambulanten Leistungsanbietenden, der Behindertenkonferenz St.Gallen und Appenzell sowie von Selbstvertretenden und ihren Organisationen bleibt bestehen. Die Begleitgruppe beurteilt die Inhalte jeweils auf strategischer Ebene. Zusätzlich wurde für den zweiten Revisionsschritt eine Fachgruppe aufgebaut. Sie besteht aus Vertretenden der stationären Leistungserbringenden mit spezifischem Wissen zum Finanzierungssystem. Die Fachgruppe ist eng in die Erarbeitung der Grundlagen für den zweiten Revisionsschritt eingebunden.
Es ist vorgesehen, dass sich die Regierung gegen Ende des Jahres 2025 zum ersten Mal mit den Grundzügen des neuen Finanzierungssystems auseinandersetzt und Grundsatzentscheide fällt. Anschliessend wir die Vorlage erarbeitet, die im Frühjahr 2026 voraussichtlich in die Vernehmlassung geschickt wird.
Wir wünschen einen schönen Sommer!
Wir danken Ihnen für Ihr Interesse an der Revision des Behindertengesetzes und wünschen Ihnen erholsame Sommerwochen! Falls Sie keine News zur BehG-Revision mehr erhalten möchten, können Sie sich am Ende dieses Newsletters abmelden. Bitte zögern Sie nicht, diesen Newsletter auch an weitere interessierte Personen aus Ihrem Umfeld weiterzuleiten. Die Anmeldung für den Newsletter ist ganz einfach über das Anmeldeformular neues Fenster möglich.